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Exklusiv-Interview! Wir haben zusammen mit David Cage "Heavy Rain" nachbetrachtet:

Bei Anruf Interview. Wir haben gestern Nachmittag ein langes und ausführliches Telefoninterview mit David Cage geführt.

„Heavy Rain“ spaltete die Videospielgemeinde und auch wir taten uns schwer mit einem finalen Endergebnis. War es nun ein spannender interaktiver Film oder doch nur ein durchschnittliches Adventure? Wir haben David Cage, dem kreativen Kopf hinter „Heavy Rain“, gesprochen und ihn gelöchert, ob sein Spiel seinen und den Ansprüchen der Spieler genügt hat.

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PLAY3.DE: „Heavy Rain“ steht nun schon seit einigen Monaten in den Händlerregalen. Wie waren die Reaktionen auf das Spiel?

David Cage: Wir sind sehr zufrieden mit dem Feedback. Es war beinahe durchgehend positiv. „Heavy Rain“ wurde weltweit rund 400 Mal in der Fachpresse getestet und wir liegen im Schnitt zwischen 85 und 90 Prozent. Wir hatten damit gerechnet, dass das Spiel mehr polarisieren würde.


PLAY3.DE:
Wie hat sich das Spiel verkauft?

David Cage: Auch sehr gut. Wir haben mehr als eine Millionen Exemplare von „Heavy Rain“ weltweit verkauft. Das war für viele eine Überraschung – einige erwarteten eher 200.000 bis 300.000 verkaufte Einheiten. Wir rechnen damit, bis zum Ende diesen Jahres 1.5 Millionen Einheiten zu verkaufen und sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis.


PLAY3.DE:
Also hat „Heavy Rain“ deine Erwartungen erfüllt?

David Cage: Ja, absolut! Es hat sie sogar übertroffen: In England war „Heavy Rain“ am ersten Verkaufswochenende ausverkauft. In Japan ebenfalls. Ich glaube, das Spiel ist eine gute Message an die Industrie, dass sich auch innovative Spiele gut verkaufen können.


PLAY3.DE:
Wie war die Resonanz der Spieler selbst? Gab es viele Verbesserungsvorschläge?

David Cage: Natürlich kommunizieren wir mit den Spielern über das Internet, über Fan-Foren. Und es kommen immer wieder Ideen, was wir hätten besser machen können. Und solche Vorschläge ziehen wir für zukünftige Projekte ins Kalkül.

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PLAY3.DE:
Warst du überrascht darüber, dass das Konzept des „Emotionalen Storytelling“ so gut bei den Spielern ankam?

David Cage: Unser Spiel ist kein Actiongame, kein Rollenspiel, kein Adventure. Es kreiert sein eigenes Genre. Wenn du ein derart neues, Konventionen brechendes Spiel auf den Markt bringst, ist es immer ein Risiko – sowohl für die Entwickler, als auch für den Publisher.


PLAY3.DE:
Warst du zufrieden mit dem Spiel „Heavy Rain“ selbst?

David Cage: Mein Ziel war es, eine Spielerfahrung zu kreieren, die auf Emotionen und Interaktionen beruht. Wo die Aktionen des Spielers Konsequenzen auf den Plot haben. Das wollte ich machen und das ist es auch exakt geworden.


PLAY3.DE:
Gibt es gar nichts, was man deiner Meinung nach hätte besser machen können?

David Cage:
Natürlich gibt es da Kleinigkeiten – aber das war auch bei „Fahrenheit“ so. Aber ich denke, „Heavy Rain“ ist in vielen Dingen wie der Steuerung, dem Plot und den Actionsequenzen deutlich besser. Natürlich würde ich viele Dinge für zukünftige Projekte weiter verbessern.


PLAY3.DE:
: Zum Beispiel?

David Cage: Viele Dinge … das ist eine Überraschung.

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PLAY3.DE:
Was hältst du von Kritikern, die sagen: „Heavy Rain“ bricht absichtlich mit den Konventionen von Spielen und daher fehlt es dem Titel auch an spielerischen Qualitäten, sondern ist nicht viel mehr als ein interaktiver Film.

David Cage: Ganz ehrlich: Das ist mir egal! Ich wollte nicht das beste Videospiel aller Zeit kreieren. Ich gebe nicht vor, diesen Regeln – die seit 20 Jahren existieren – zu folgen. Manche Leute halten diese Gesetze für „Goldende Regeln“, die man unbedingt einhalten und respektieren sollte. Mein Ziel war es, eine emotionale Spielerfahrung zu schaffen. Manche Leute nennen „Heavy Rain“ ein Videospiel. Das ist okay. Manche Leute nennen es interaktives Drama oder interaktives Kino. Nennt es, wie ihr es wollt – das ist mir egal. Mich interessiert nur: Hat euch „Heavy Rain“ gefallen? Hat es euch bewegt? Oder ist es einfach so an euch vorbei gezogen. Denn nur dann haben wir ein Problem. Aber in welche Schublade man „Heavy Rain“ nun steckt ist mir vollkommen egal.


PLAY3.DE:
Aber dadurch wurde es auch schwer, „Heavy Rain“ zu bewerten und den Spielern nahe zu bringen!

David Cage:
Ich finde selbst, dass „Heavy Rain“ kein klassisches Videospiel ist. Denn es bricht einfach mit allen Konventionen. Deshalb waren wir auch überrascht, dass die Ratings für „Heavy Rain“ so positiv aufgefallen sind. Wir dachten, mehr Leute würden den Titel ablehnen. Normalerweise erwartet man von einem Videospiel Adrenalin und Angst. Unglaubliche Effekte. Einfachen Spaß eben. Aber „Heavy Rain“ ist nichts von alle dem: Es macht nicht wirklich Spaß. Es vermittelt Gefühl. Lässt dich traurig sein. Lässt dich Schuld fühlen. Das ist nicht das, was ich unter Spaß verstehe. Aber diese Spirale der Emotionen war unser Ziel hinter „Heavy Rain“.


PLAY3.DE:
Sprechen wir kurz über die Technik von „Heavy Rain“: Warst du zufrieden mit der Grafik-Technologie?


David Cage:
Lass mich dir kurz erklären, wie ich über „Heavy Rain“ dachte, als es fertig war. Wir hätten vieles noch besser machen können. Und auch wenn das Feedback – auch zur Grafik – positiv war, weiß ich, dass wir noch weit weit weg vom Maximum sind. Der Tag, an dem ich sage „Dieses Spiel ist perfekt. Wir haben es geschafft“ an dem Tag werde ich meinen Job aufgeben und mir etwas anderes suchen.

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PLAY3.DE: Also warst du dir durchaus bewusst, dass einige Gesichtsausdrücke der Charaktere ein wenig hölzern und künstlich aussahen?

David Cage: Natürlich hast du immer Leute, die irgend etwas kritisieren müssen. Wie wichtig sind solche Dinge? Keine Ahnung. Mir ist Feedback über das emotionale Erlebnis „Heavy Rain“ wichtiger. Kritiken á la „Diese Animation hätte besser sein können“ oder „Das sieht in blau besser aus“ interessieren mich nicht. Natürlich habt ihr das Recht, so etwas zu schreiben. Aber ich weiß nicht, ob es wirklich wichtig ist.


PLAY3.DE:
Du sprichst immer wieder von Emotionen. Wie schwierig war es, ein emotionales Band zwischen Spielern und Charakteren herzustellen?

David Cage: Das war eine große Herausforderung. Film und Literatur machen das hervorragend. Aber in Videospielen ist es aufgrund der Interaktivität sehr schwierig. Wir wollten keine perfekten Muskel bepackte 08/15-Helden. Sind wir ehrlich: Niemand von uns ist fehlerfrei. Ich wollte glaubhafte Charaktere kreieren. Unsere Figuren haben Schwächen. Das Leben hat ihnen übel mitgespielt. Sie haben keine Superkräfte, sondern sind normale Menschen: Mal mutig, mal feige. Mal klug, mal dumm. So sind wir Menschen eben!


PLAY3.DE:
„Heavy Rain“ konzentriert sich gerade zu Beginn auf die kleinen Dinge des Lebens wie kochen, mit den Kindern spielen oder duschen. Kannst du Leute verstehen, die sich über den langsamen Start und diese alltäglichen Routinen in einem Spiel beklagen?

David Cage: Ich verstehe nicht, warum jedes Spiel mit einer großen Explosion starten sollte. Wirklich nicht! Ich glaube nicht, dass so etwas wichtig ist. Was zählt ist die Geschichte, die Charaktere und die Emotionen. Explosionen machen kein gutes Spiel. Natürlich habe ich in „Heavy Rain“ zum Einstieg mit alltäglichen Arbeiten begonnen. Das alles sind Teile des Plots, die den Spieler näher zu den Charakteren bringen. Denn so kreieren wir Momente, die jeder Spieler anders angeht. Das sind keine sinnlosen Tätigkeiten. Sie erfüllen alle einen Zweck – nämlich dem Aufbau einem emotionalen Verbindung. Manche Leute sagen „Heavy Rain“ wäre ein Spiel, in dem man Orangensaft trinkt und Omelettes macht. Natürlich, aber es gibt auch Actionsequenzen, Schießereien und schwierige Prüfungen.


PLAY3.DE:
Mussten Spieler daher anders an „Heavy Rain“ herangehen?

David Cage: Natürlich! Sie müssen Emotionen investieren. Sie müssen sich auf diese Erfahrung einlassen und sich von dem Spiel gefangen nehmen lassen. Sie brauchen ein wenig Geduld und müssen „Heavy Rain“ Zeit zur Entfaltung geben.


PLAY3.DE:
Haben Spieler „Heavy Rain“ anders gespielt, als andere Titel?

David Cage:
Ich denke schon. Aus Foren haben wir entnommen, dass so gut wie jeder „Heavy Rain“ durchgespielt hat. Viele haben dann noch einmal von vorne angefangen, um Entscheidungen bewusst zu ändern oder einen anderen Weg einzuschlagen.

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PLAY3.DE:
Wie waren die Reaktionen auf die Einbindung der SIXAXIS-Funktionen des PS3-Gamepads?


David Cage:
Durchweg positiv. Wir haben die SIXAXIS-Features nur gelegentlich genutzt. Wir sind uns bewusst, dass Spieler nicht ständig mit dem Gamepad herumwackeln wollen. Aber die SIXAXIS-Funktionen haben in vielen Situationen einfach Sinn gemacht. Leider gab es damals noch keinen Motion Controller.

PLAY3.DE:
Wie wird sich der Motion Controller auf zukünftige Spiele auswirken.

David Cage:
Nicht jedes Spiel braucht Bewegungserkennung. Es sollte immer zu den Spielen und der Geschichte passen. Und natürlich zieht ein Motion Controller eine neue Zielgruppe an, die sich durch die vielen Knöpfe des PS3-Pads verunsichert fühlen. Abseits dieser Casual-Spieler bin ich mir noch unsicher, wie der Motion Controller auch für Hardcore-User schmackhaft gemacht wird.


PLAY3.DE:
Kommen wir noch einmal kurz zu „Heavy Rain“ zurück: Viele – auch wir – empfanden die Steuerung der Charaktere als ziemlich unhandlich.

David Cage:
Tatsächlich haben sich viele Spieler und Kritiker negativ über die Steuerung geäußert. Es war für sie einfach ungewohnt, bei einer starren Kamera-Ansicht die Kopfbewegungen und die Laufrichtung zu bestimmen. Unsere Charaktere bewegen sich natürlicher: Sie bleiben nicht auf einmal stehen. Sie drehen sich langsamer um. Alles andere hätte nicht zu „Heavy Rain“ gepasst. Viele Spieler haben aber auch das Grundprinzip unseres Steuerungsschemas nicht erkannt. Vielleicht haben wir es auch zu Beginn des Spiels nicht ausreichend erklärt. Aber ja, da gibt es noch Platz für Verbesserungen.


PLAY3.DE:
Vielen Dank für das Interview, David!

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Kommentare

columbiandreams

columbiandreams

11. August 2010 um 12:32 Uhr