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Review

TEST: Neverdead

play3 Review: TEST: Neverdead

4.5

Die Schöpfungen des britischen Software-Herstellers Rebellion schwanken immer zwischen Genie und Wahnsinn: Gute Einfälle werden oftmals von unnötigen Design-Macken zerstört, viel Potenzial geht durch Stümperei verloren. „Neverdead“ schlägt leider in die gleiche Kerbe. Der unsterbliche Bryce Boltzmann wird zum tragischen Helden in einem Actionspiel, das sicherlich schnell vergessen werden wird.

Was wir cool finden

Den Kopf unterm Arm
Die Ideen hinter „Neverdead“ sind eigentlich recht ordentlich: Dämonenjäger Bryce Boltzmann wird verflucht und erduldet nun seit 500 Jahren die Qualen der Unsterblickeit auf der Suche nach dem, der ihm das angetan hat. Eine solch lange Zeit voller Schmerz und Pein verändert selbst einen einstmals edlen Menschen und so treffen wir unseren Helden saufend, stöhnend und jammernd vor. Die moderne Gegenwart ist scheinbar nicht gemacht für einen Mittelalterhelden.

Die Unsterblichkeit ist Kernthema des Actionspiels und wird während der eher durchschnittlichen Render- und Ingame-Zwischensequenzen immer wieder aufs Korn genommen. Gerade Bryce’s Agentenkollegen Arcadia provoziert und neckt unseren Recken häufiger mit kessen Sprüchen.
Und kommt er ihr einmal quer, setzt es sogar eine Kugel zwischen die Rippen. Der Humor und die Chemie zwischen den Figuren stimmt also, auch wenn das Niveau nur selten über schlechte Dolph Lundgren-Filme hinweg kommt. Der Zweck heiligt in diesem Fall die Mittel. Für einen kurzen Schmunzler ist Bryce’s Unsterblichkeit allemal gut.

Spielerisch ist dieses Buddy-Game allerdings eher konservativ. Arcadia muss überleben. Die einzige Art der Interaktion besteht darin, ihr aufzuhelfen, wenn sie am Boden liegt.

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Ein Held mit vielen Talenten
Das Kampfsystem besteht grundsätzlich aus drei Eckpfeilern: Dem Schwertkampf, euren Knarren und dem Schaden, den ihr durch die Zerstörung der Umgebung anrichtet. Diese Bereiche sowie die grundlegenden Eigenschaften wie Tempo, Regeneration oder Sprungweite unseres Helden könnt ihr mit Hilfe der vielfältigen Upgrades aufbessern.

Notwendige Erfahrungspunkte erhaltet ihr im Gegenzug durch das Aufsammeln roter Kristalle, das Erledigen von Gegnern und das Beenden von Levels. Die Fähigkeiten sind angenehm vielfältig und dank einer begrenzten Anzahl an Slots, ist beim Aktivieren der Funktionen durchaus Taktik gefragt.

Was wir weniger cool finden

Einheitsbrei für Auge und Ohren
Die guten Nachrichten zuerst: Das Ragdoll-System von „Neverdead“ ist gut gelungen. Verliert Bryce ein Bein, hüpft ein munter drauflos. Bei allzu heftigen Explosionen amüsieren wir uns darüber, wie es unseren Helden in acht Stücke zerreißt. Die Umgebungsphysik ist durchaus sehenswert, wenn auch nicht realistisch. Unter Beschuss zerbersten selbst massive Steinsäulen nach nur wenigen Treffern und begraben die Dämonenhorden unter sich. Explodierende Gasflaschen schleudern das Inventar durch die Luft, dass es eine helle Freude ist.

Und doch packt uns „Neverdead“ zu keinem Zeitpunkt so richtig: Die Areale – von der Psychiatrie, über Ruinen bis hin zu Abwasserkanälen – sind derart 08/15, dass es weh tut. Auch technisch holt Rebellion lange nicht alles aus der PlayStation 3 heraus. Gerade im offenen Gelände wirkt die Darstellung der Umgebung oftmals grobpixelig und unscharf.

https://www.youtube.com/watch?v=VsysoPrmOV4

Die Dämonen wiederholen sich sehr häufig und sind designtechnisch ebenfalls alles andere als aufregend. Insgesamt fehlt es „Neverdead“ optisch einfach an dem notwendigen Pfiff. Hier wird nur viel Standardkost, aber keine wirkliche Liebe zum Spiel demonstriert.

Gleiches gilt übrigens für den Soundtrack. Das Hauptthema stammt von der Metall-Band Megadeath und motiviert sofort zum Kopfschütteln. Warum wir aber ansonsten nur billigen Gitarren-Schrammel-Rock geboten bekommen, muss uns Rebellion erstmal erklären. Ähnlich enttäuschend fällt leider die Effektkulisse aus: Wenn Betonpfeiler einstürzen und ordentlich geballert wird, sollte man eigentlich Rabatz erwarten. Doch der Spielsound fällt lauer aus als so manche Sommerbrise.

Im Gegensatz dazu gefiel uns die englische Sprachausgabe wiederum sehr gut. Die Sprecher sind bemüht und passen zu ihren virtuellen Schützlingen. Eine deutsche Tonspur gibt es wiederum nicht, sondern lediglich Untertitel. Doch das machen wir dem Spiel nicht zum Vorwurf. Denn wir wissen ja, wie deutsche Synchros meistens klingen.

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Chaos, nichts als Chaos!
„Neverdead“ ist ein reinrassiges Third-Person-Actionspiel. Bryce greift entweder auf zwei Ballermänner – anfangs Pistolen, später Maschinen- und Sturmgewehre – und auf seine riesiges Schwert zurück. Doch leider ist die gesamte Steuerungsmechanik nicht durchdacht und hat Probleme an allen Ecken und Enden.
Eure beiden Knarren etwa besitzen zwei separate Fadenkreuze, die immer weiter aufeinander zulaufen, je länger ihr einen Gegner im Autofokus habt. Aufgrund der puren Gegnerdichte und einer höchst wackeligen Kamerasteuerung mit dem rechten Analog-Stick ist aber gezieltes Vorgehen nahezu unmöglich.

Ähnliche Schwächen besitzt auch der Schwertkampf. Die Klinge selbst führt ihr mit dem rechten Analogstick, müsst aber dabei die L1-Tasten gedrückt halten, um einen Gegner einzuvisieren. Allerdings turnen auf dem Screen einfach zu viele Widersacher umher, als dass man koordiniert agieren könnte. Vielmehr stürmt man zumeist wild mit dem Stick rudernd auf eine Gruppe zu und schlägt einfach sinnlos auf alles ein, was nicht rechtzeitig aus dem Weg gesprungen ist.

Versucht ihr es trotzdem mit der Zielerfassung, greift euch nämlich garantiert alsbald ein Gegner von hinten an. Wenn „Neverdead“ etwas zu viel hat, dann Gegner und „Dämonensiegel“. Diese versperren nämlich wichtige Durchgänge und gehen erst auf, wenn ihr alle Viecher in dem jeweiligen Bereich erledigt habt. Das dauert manchmal seine Zeit, da bestimmte Kreaturen immer wieder neue Biester ausspucken. Diese Brüter besitzen unglaublich viele Hitpoints, sodass ihr beim Knacken der Biester ständig hinterrücks attackiert werdet.

Das unkreative Leveldesign geht Hand in Hand mit der insgesamt unterdurchschnittlichen Steuerung. Hier fragt man sich häufiger „Was ist denn bitte da passiert?“ als beim Anblick der Messie-Wohnungen bei Doku-Soaps auf RTL2.

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Nicht lustig
Die Thematik der Unsterblichkeit spielt in „Neverdead“ eine wirklich entscheidende Rolle. Allerdings fehlte es den Entwicklern an Kreativität, um diese Grundidee gewinnbringend im Gameplay zu verwerten. So stellt sich bereits nach wenigen Spielminuten heraus, dass die Kämpfe gerade aufgrund der „Zerstörbarkeit“ von Bryce Boltzmann keinen Spaß machen. Sicher, es sind lustige Momente, wenn wir nur noch auf einem Bein durch die Gegend hüpfen. Aber dem Spielspaß ist das ständig Aufsammeln der Körperteile sicherlich nicht zuträglich.

Schuld daran ist u.a. auch die angesprochene Gegnerflut, die in Kombination mit der fragilen Kameraführung für Frust- und Nervmomente sorgt. Weiterhin sollen Rätselemente die stumpfe Schlachtplatte ein wenig aufmuntern. Doch wie wir schon in unserer Preview vor wenigen Monaten vermutet haben, mangelt es an Einfällen von Seiten der Entwickler.

Ist es zu Anfang noch spaßig, nur als Schädel durch die Gänge zu kugeln und so Lüftungsschächte zu benutzen, verkommt diese Angelegenheit spätestens beim dritten Mal zur blanken Routine. Selbst die kleinen Hüpfeinlagen mit Bryce’s Blitzbirne sind nicht mehr als Übergangslösungen zwischen zwei Kämpfen. Hier wäre so viel mehr möglich gewesen, aber „Neverdead“ entpuppt sich als unkreatives Armutszeugnis aus dem Hause Rebellion.

System: PlayStation 3
Vertrieb: Konami
Entwickler: Rebellion
Releasedatum: erhältlich
USK: ab 18 Jahre
Offizielle Homepage: http://www.konami.com/officialsites/neverdead/

4.5

Wertung und Fazit

TEST: Neverdead

Kommentare

Willi Walfisch

Willi Walfisch

05. Februar 2012 um 14:23 Uhr
attitude2011

attitude2011

05. Februar 2012 um 23:13 Uhr
adghradharthatr

adghradharthatr

06. Februar 2012 um 13:02 Uhr
Willi Walfisch

Willi Walfisch

06. Februar 2012 um 14:01 Uhr
Black Eagle

Black Eagle

07. Februar 2012 um 15:36 Uhr