Videospiele im Jahr 2014 müssen wunderschön, innovativ und komplex sein. Das dachten sich wohl auch die Entwickler von Mercury Steam und stopften „Castlevania – Lords of Shadow 2“ voll mit coolen Ideen. „Lasst uns Schleichsequenzen in einer offenen Spielwelt machen“, hören wir die Mitarbeiter beim gemeinschaftlichen Brainstorming geradezu frenetisch schreien.
Allerdings beweist „Lords of Shadow 2“ auch, dass nicht allein der gute Wille zählt, sondern auch das richtige Konzept, um neue Ideen umzusetzen. Das aktuelle „Castlevania“ wirkt überladen und unnötig aufgeplustert. Dass es dabei trotzdem spielenswert bleibt, verdankt „Lords of Shadow 2“ seinem unkaputtbar genialen Kampfsystem und den Tugenden seines Vorgängers.
Was wir cool finden
Das Kampfsystem
Dracula hat unter seinem Umhang scheinbar viel Stauraum für Waffen und Ausrüstungsgegenstände. Denn sein Arsenal ist ähnlich wie schon im Vorgänger umfangreich und komplex wie in nur wenigen Actionspielen. Er besitzt grundlegend nur drei Hauptwaffen – die Schattenpeitsche, das Leere Schwert und die Chaosklauen. Während ihr in „God of War“ ebenso flink zwischen den Waffen wechselt, wie Dracula persönlich, baut „Castlevania“ einen netten Twist in das Kampfsystem ein.
Denn um die Chaosklauen und das Leere Schwerte benutzen zu können, müsst ihr zunächst die Magie-Balken in den unteren Bildschirmecken auffüllen. Zu diesem Zweck müsst ihr Kombos vollführen und somit die Energieleiste im Zentrum aufladen. Erst wenn diese voll ist, lassen die Gegner Magie-Orbs fallen. Der Haken an der Sache: Ihr dürft währenddessen nicht getroffen werden, sonst sinkt die Kombo-Leiste auf 0. Folglich könnt ihr euch nicht blindlings in Schlachten hineinwerfen. Stattdessen basieren die Gefechte auf einer guten Mischung von ausweichen, blocken und attackieren. Dadurch sind die Kämpfe auch auf lange Sicht taktisch anspruchsvoll und werden nicht zum Selbstläufer.
Das Leere Schwert und die Chaosklauen besitzen unterschiedliche Eigenschaften, die gerade bei größeren Widersachern entscheidend sind. Das Leere Schwert füllt Draculas Lebensenergie durch Treffer wieder auf. Ihr richtet also gleichzeitig Schaden an und heilt euch. Dazu friert ihr mit der R2-Taste Feinde oder auch Wasserfälle ein. Die Chaosklauen dagegen zerstören die Panzerung von Feinden und dienen auf Distanz als Granatwerfer, mit dem ihr zuvor nicht zugängliche Bereiche öffnet. Im Spielverlauf sammelt ihr Erfahrungspunkte indem ihr Feinde erschlagt oder Kisten klein haut. Mit diesen Erfahrungspunkten schaltet ihr im Charaktermenü neue Kombinationen frei. Zudem füllen sich spezielle Kampfstile wie etwa die Luftattacken auf, abhängig davon wie ihr oft ihr sie benutzt. Es lohnt sich also möglichst abwechslungsreich zu kämpfen!
Dazu verfügt ihr noch über ein ausreichend großes Repertoire an Gegenständen, mit denen ihr die Lebensenergie boostet oder die Magie-Anzeigen für einen begrenzten Zeitraum auffüllt. Diese Relikte findet ihr im Spielverlauf überall, könnt sie aber auch im Shop für XP-Punkte einkaufen. Die Bedienung des Inventars ist leider sehr fummelig, da sich die Relikte hinter kryptischen Namen verbergen und das Benutzen von Objekten in den hektischen Kämpfen viel Zeit in Anspruch nimmt.
Jeder wehrt sich!
In „Lords of Shadow 2“ gibt es keine kleinen Fische. Es gibt kein echtes Kanonenfutter. Jedes Monster und jede Kreatur ist eine kleine Herausforderung für sich. Selbst kleine Schildkrötenwachen geben nicht einfach auf, wenn Dracula einige Treffer landet. Sie drehen sich von euch weg und blocken eure Angriffe. Im Zweifelsfall setzen sie sogar zum Konter an. Durch das Magie-System bekommt das gezielte Blocken einen großen Stellenwert. Gut gesetzte Paraden ziehen nämlich eine kurzen Moment zum Kontern nach sich, in dem Dracula noch einmal besonders viel Schaden anrichtet.
„Castlevania: Lords of Shadow 2“ besitzt eine Vielzahl unterschiedlichste Gegner, die mit wechselnden Angriffen, Immunitäten und Anfälligkeiten viel Geschick erfordern. Teil eines jeden Kampfes ist es daher nicht nur, einfach alles kurz und klein zu prügeln. Sondern die passende Taktik zum jeweiligen Feind zu finden.
Die Bossgegner bilden da keine Ausnahme. Ohne an dieser Stelle zu viele Details vorweg nehmen zu wollen, hier ein Beispiel anhand des ersten Monstrums – der Medusa. Den Attacken dieser Kreatur müsst ihr zunächst ausweichen, dann ihre Kralle mit dem Leere Schwert vereisen und anschließend den Kopf abschlagen. Klingt einfach, ist aber inmitten von fliegenden Trümmern und pulsierendem Adrenalin kurz nach Spielbeginn eine ordentliche Herausforderung. „Lords of Shadow 2“ überlässt euch übrigens die Wahl, ob ihr bestimmten Szenen mit Quick-Time-Events oder ohne spielen möchtet. Eine überaus gute Idee, da diese Art der Reaktionstests für viele Spieler ein rotes Tuch darstellt.
Die Spielwelt
Tatsächlich sind Spielwelt- und Leveldesign echte Wackelkandidaten in „Castlevania: Lords of Shadow 2“. Denn das Action-Adventure setzt im Gegensatz zu seinem Vorgänger auf eine deutlich offenere Spielumgebung und damit auch auf euren Entdeckergeist. Draculas neues Territorium ist eine moderne Großstadt. Allerdings kann er sich mit Hilfe des Wolfsamuletts in die Vergangenheit dieser Umgebung teleportieren, sodass es faktisch zwei große Gebiete gibt, die mit allerlei unterschiedlichen Szenerien wie etwa der Stadt der Toten oder auch der Welt des Puppenspielers aufwarten. Tatsächlich ist das Spiel anfangs noch recht linear und führt Dracula in den ersten Spielstunden geradlinig durch eine Abfolge von Story-Missionen und Gefechten. Abseits des Weges gibt es allerdings immer wieder kleine Upgrade-Schreine und Extras zu entdecken. Hinzu kommen Geschicklichkeitsaufgaben und Umgebungsrätsel, in denen ihr Draculas Fähigkeiten einsetzen müsst und etwa als Rauch durch Gitter gleitet. All diese Entdeckungsmöglichkeiten und Anreize durch XP-Punkte oder Relikte gefallen mir ausgezeichnet.
Allerdings nervt mich das Spiel auch immer wieder mit künstlichen Grenzen und unsichtbaren Wänden. Da sind ganz offensichtlich für Dracula erreichbare Areale plötzlich auf mysteriöse Weise abgesperrt. In einer offenen Spielwelt darf es solche Einschränkungen nicht geben. Zuletzt störte diese Inkonsequenz bereits in Square Enix‘ Schleichspektakel „Thief“.
Was wir weniger cool finden
Was bin ich und wenn ja, wie viele?
Die Geschichte von „Castlevania“ gleicht inzwischen einer Vorabend-Soap. Wer hat mit wem? Wer hat wen auf dem Gewissen? Und was macht dieses komische Kind da? Auch „Lords of Shadow 2“ gelingt es nur sehr bedingt, Licht in dieses Durcheinander zu bringen. Zwar versucht Mercury Steam mit einer umfangreichen Filmsequenz nach dem Prolog die Geschehnisse zwischen den beiden „Lords of Shadow“-Spielen zu erklären. So ganz funktioniert das aber nicht! An vielen Stellen spielen Handlung und Dialoge auf frühere Ereignisse oder Orte an. Wer diese nur aus dem Intro-Filmchen kennt, wird die Zusammenhänge nicht verstehen. Unser Tipp: Spielt „Castlevania – Lords of Shadow: Mirror of Fate HD“! Es erklärt einige Details, die in „Lords of Shadow 2“ aufgegriffen werden und ist obendrein auch noch ein sehr gutes 2D-Actionspiel.
Dracula sollte nicht schleichen
In „Lords of Shadow 2“ wechselt ihr ja immer wieder mit Zeitsprüngen die Epochen. In der modernen Welt kommt es zu eingestreuten Schleichpassagen, die die größte Schwachstelle bei dem Actionspiel bilden. Dracula muss sich – beispielsweise in einer Pharmafabrik – an Wachen vorbei schleichen. Dazu setzt er Fledermäuse ein und lenkt so hochgezüchtete Soldaten ab. Im Schatten verwandelt er sich gar in ein Rudel Ratten und kann so in Luftschächte krabbeln, um die Brutalos entweder zu umgehen oder durch gezieltes Knabbern die Elektronik von Türen zu manipulieren. Leider spielen sich diese Passagen arg unpassend. Schließlich sollte Dracula – speziell im späteren Verlauf des Spiels – als Prinz der Finsternis stark genug sein, um sich lästiger Wachen zu entledigen. Zudem wirkt die Stealth-Mechanik alles andere als rund und frei. Hier hat man eher das Gefühl, die eine Lösung der Entwickler zu suchen, als wirklich mit Draculas Fähigkeiten spielen zu können. Die Stealth-Passagen sind zwar ein netter Stopper im Spieltempo, sorgen aber mit ihrer verkopften Mechanik eher für Stirnrunzeln als für Spannung. Kurzum: Diese Passagen hätte sich Steam Mercury sparen können und niemand hätte es gestört!
Technische Probleme
Im Gegensatz zum ersten Teil ist es in „Lords of Shadow 2“ möglich, die Kamera frei zu drehen. Das ist auch sehr praktisch, verhindert aber nicht, dass die Kämpfe trotzdem zuweilen sehr unübersichtlich werden. Speziell wenn ihr einen wehrlosen Widersacher aussaugt und die Kamera nah ans Geschehen heranfährt, führt das häufig dazu, dass ihr im Anschluss direkt einen Schlag abbekommt. Denn die übrigen Feinde warten den Quick-Time-Event natürlich nicht tatenlos ab, sondern scharen sich danach um euch. Dass die Block-Funktion auf der gleichen Taste liegt, wie das Ausweichen macht die Kämpfe auch nicht unbedingt übersichtlicher.
Außerdem offenbart „Castlevania – Lords of Shadow 2“ ungewohnte optische Schwächen. So ist die Umgebungsgrafik zwar sehr hübsch geraten. Aber das Monsterdesign – speziell der kleineren Gegner – ist alles andere als schön. Nicht zuletzt, weil die Kreaturen mit unscharfen und matschigen Texturen überzogen sind. Hier wäre sicherlich auch auf der guten alten PS3 mehr drin gewesen!
Über den Autor: Olaf ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Redakteur im Bereich der Video- und Computerspiele tätig. So schrieb er u.a. von 2005 bis 2007 für die Printmagazine „play THE PLAYSTATION“ und die Schwestermagazin „Playstation – Das offizielle Magazin“ und „Games Aktuell“. Heute arbeitet er u.a. für „COMPUTER BILD Spiele“ und „www.spieletipps.de“ oder schreibt Specials und Tests für „playBlu“ von Computec.
System: Playstation 3
Vertrieb: Konami
Entwickler: Mercury Steam
Releasedatum: erhältlich
USK: ab 18
Offizielle Homepage:https://www.konami-castlevania.com/de
Kommentare
Nnoo1987
16. März 2014 um 02:17 UhrLord of the shadow ist schlimm m`kay
Teil 2 ist aber besser 🙂
tbplst18
16. März 2014 um 05:03 UhrWarum kam kein Test zu Lightning Returns???
Cyrex83
16. März 2014 um 06:33 UhrWeil den das spiel zu kompliziert ist..
animefreak18
16. März 2014 um 09:37 UhrWeil es zu Light returns nix zu sagen gibt außer ein hoch auf den Feminismus. ……-_-
leo_trotzki
16. März 2014 um 09:39 Uhr@tbplst18
Den Test dazu gibts auf gametrailers.com . Oder auf Youtube gibts sicher auch Tests auf Deutsch .
Kann dir aber auch so davon abraten wenn du nicht unbedingt alle ff13 teile gezockt haben musst .
tbplst18
16. März 2014 um 10:12 Uhr@ leo_trotzki
Ähm, ich habe das Game längst platiniert! 😉
Aber mich hätte mal n Test von play3 interessiert, da ich diese sehr gerne lese, und das Game unter FF-Liebhabern stark zerissen wurde! (Was ich nicht verstehen kann!)
Ridgewalker
16. März 2014 um 12:20 UhrMir fehlt nur noch die Elixier Trophäe. Und die ist verbürgt, da ich dreimal hintereinander die phönixschwinge bekomme habe.
tbplst18
16. März 2014 um 13:15 Uhr@ Ridgewalker
Dann kauf dir das Elixier doch über den Outworld Service!
Gehört zwar etwas Glück dazu!
Aber geht trotzdem viel schneller!!!
Ridgewalker
16. März 2014 um 13:21 UhrBin dabei das zutun aber nichts dabei. Nach drei Stunden realzeit.
Hans Detlef
16. März 2014 um 16:02 UhrIch weiß auch nicht…, auf mirkt wirkt das Spiel irgendwie zu verbissen.
Minako Arisato
17. März 2014 um 20:36 UhrEhm, okay?
Mal zurück zum Thema:
In einem stimme ich dem Tester schonmal zu.
Als ich mir diesen Teil von Castlevania gekauft hatte, freute ich mich schon, ein actiongeladenes und düsteres Spektakel geliefert zu bekommen.
Ich meine, wir reden hier von Dracula!
Der der den Belmonts und anderen stets das Leben zur Hölle machte.
Der der in jedem Teil als das omnipotente Böse dargestellt wurde.
Und was macht Dracula in seinem eigenem Spiel? Er schleicht!
Er schleicht und versteckt sich vor Gegnern, die er dann nach fünf Minuten bekämpft, ohne dabei irgendeine Veränderung durchgemacht zu haben.
Ich wiederhole, er versucht wie ein ängstliches Kaninchen den Bossen zu entgehen… nur um dann im Anschluss gegen sie zu kämpfen.
Ergibt das für euch Sinn? Für mich auch nicht.
Das Kamfsystem finde ich auch sehr sehr gelungen, aber noch mehr die Atmosphäre und die Umgebung.
Nein, ich bin keine Grafik-Obsessive-Gamerin, aber diese Gebäude, die Statuen, alles schreit Castlevania und wurde prima umgesetzt.
Da kann und muss ich applaudieren.
Genauso die Musik, da kann man echt nichts sagen.
Mit der Story hatte ich auch keine Probleme, im Gegenteil, nach dem Intro war ich vollkommen hingerissen, vorallem über das Schicksal Trevors (Habe nie einen anderen Teil von Lords of Shadow gespielt).
Okay, ich sehe hier jetzt mal von den EXTREMEN Widersprüchen gegenüber den anderen Castlevanias ab, auch wenn die wirklich arg sind, aber ich finde, wenn man Lords of Shadow von den anderen abgrenzt, hat man wirklich ein Meisterwerk.
Aber eins muss ich wirklich sagen.
Castlevania war ja wirklich schon immer gruselig und brutal.
Allerdings ist Lords of Shadow 2 eine grausige Fleischkloppsfabrik.
So viel Blut habe ich seit Elfenlied nicht gesehen.
Okay, wir reden hier von Dracula, aber…
…ich wollte ein Castlevania kein Horrorspiel!
Naja, das is mal kurz meine Meinung dazu…
mosesdadon
18. März 2014 um 17:44 UhrBin jetzt fast durch mit dem Spiel und finde es super! Kann es weiter empfehlen!