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Review

Mighty No. 9 im Test: Das war nix, Herr Mega Man-Erfinder!

Entwickler-Legende Keiji Inafune verspricht die Wiedergeburt des Klassikers „Mega Man“. Doch „Mighty No. 9“ bietet lediglich solide Plattform-Action, patzt aber beim Retro-Charme. Wieso das Geschicklichkeitsspiel dem großen Vorbild nicht gerecht wird!

play3 Review: Mighty No. 9 im Test: Das war nix, Herr Mega Man-Erfinder!

5.5

So viele Spiele-Klassiker werden nicht mehr fortgesetzt. Die „Mega Man“-Lizenz vergammelt derweil in den Archiven von Capcom. Der japanische Software-Multi hat derzeit keinerlei Interesse daran, den einstigen Arcade-Hit fortzusetzen. Deshalb griff „Mega Man“-Miterfinder Keiji Inafune zu einem Trick: Bei der Ankündigung von „Mighty No. 9“ promotete er das Projekt als spirituellen Nachfolger des 8-Bit-Klassikers.

Das Ergebnis der gesammelten Einnahmen konnte sich darauf hin mehr als nur sehen lassen: Bei der Kickstarter-Kampagne kamen beinahe 4 Millionen US-Dollar zusammen. „Mighty No. 9“ gehört damit zu den am erfolgreichsten Crowd-Funding-Projekten überhaupt. Doch damit wuchsen auch die Erwartungen der Fans und Spender – und werden jetzt, wo das Spiel erhältlich ist, leider Null erfüllt…

Was wir gut finden

Hüpfen, ballern, gleiten

„Mighty No. 9“ hat – trotz Finanzspritze – eine holprige Entwicklung hinter sich. Unzählige Release-Verschiebungen sorgten bereits im Vorfeld der Veröffentlichung für Unruhe. Doch gemessen an den Vorzeichen spielt sich „Mighty No. 9“ vergleichsweise ordentlich. Infafune-san und das Team von Comcept orientieren sich stark an der „Mega Man“-Serie.

Ihr spurtet also erneut von links nach rechts, springt, ballert und versucht nicht in Fallen zu tappen. Ihr steuert den Androiden Beck und müsst rebellierende Roboter davon abbringen, die Menschheit auszulöschen. Neben seiner Kanone ist dabei der so genannte Dash – also eine Art Gleitangriff – die wichtigste Waffe in Becks Arsenal. Mit ihm taucht ihr geschwind unter Hindernissen durch, überwindet Abgründe und absorbiert angeschlagene Gegner.

Nachdem ihr nämlich Treffer mit dem Blaster gelandet habt, saugt ihr eure Widersacher auf und nehmt so vorübergehend deren Spezialfertigkeiten an. So erhaltet ihr beispielsweise kurzfristig eine bessere Panzerung oder stärkere Geschosse. Außerdem sammelt ihr so Kombo-Punkte und könnt diese mit euren Freunden vergleichen.

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Ganz schön retro

Spielerisch ergattert „Mighty No. 9“ sicher keine Innovationsmedaille, ist aber grundsätzlich solide, wenn auch arm an Höhepunkten. Ähnlich wie „Mega Man“ erfordert auch Inafunes neustes Werk das Auswendiglernen der Areale und wirft euch immer wieder Unmengen an Hindernissen in den Weg.

Mighty No. 9 wird den Erwartungen nicht gerecht!

Unter dieser Prämisse erzeugt das Geschicklichkeitsspiel einen durchaus guten Flow. Die Speicherpunkte innerhalb der Areale sind (halbwegs) fair platziert, sodass ihr nach dem virtuellen Ableben zumindest auf halber Strecke wieder in die zwölf Levels einsteigen könnt. Allerdings habt ihr nur begrenzt Extra-Leben. Sind diese aufgebraucht, müsst ihr den Bereich wieder von Vorne starten. Der „Dash“ allerdings erleichtert das Vorankommen merklich und sorgt dafür, dass man mitunter fix durch die Levels fliegt.

Was wir schlecht finden

Veraltet!

Dummerweise passt sich die Technik von „Mighty No. 9“ der seines Vorbild „Mega Man“ an. Der Hüpfer sieht mit seinem aufgesetzten Anime-Stil arg schlicht aus. Die Level besitzen zwar allesamt ihr eigenes Thema wie etwa eine Roboterfabrik oder ein Wasserwerk, sind aber zu seicht umgesetzt. Hier gibt es kaum Wiedererkennungswert.

Stattdessen fühlt sich „Mighty No. 9“ allzu lieblos an und besitzt keinerlei Charme oder Individualität. Zu allem Überfluss tauchten auch im Test immer wieder kleine Ruckler auf, die zwar den Spielablauf nie massiv störten, aber irgendwie bezeichnend für die Umsetzung von „Mighty No. 9“ sind.

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Ärgerlich und unfair

Wirklich störend fallen dagegen die Balancing-Probleme auf. Sind die Levels grundsätzlich nach einigen Neustarts problemlos zu meistern, passen die Endgegner so gar nicht dazu. Sie sind oftmals über die Maßen schwer und bringen den Fortschritt damit immer wieder ins Stocken. Schließlich wirft euch das Programm an den Anfang des Areals zurück, sobald euch die Leben ausgehen. Dadurch muss man immer wieder die gleichen, uninspirierten Levels spielen, nur um noch einmal sein Glück beim Boss zu probieren.

Gleichzeitig aber müsst ihr die Endgegner auch bezwingen, da ihr deren Spezialfähigkeiten und Waffen für die späteren Abschnitte dringend benötigt. Diese Gnadenlosigkeit passt natürlich zum Arcade-Anspruch von „Mighty No. 9“, sorgt aber mitunter für ordentlich Frust. Dazu erschwert einem das Spiel selbst innerhalb der Abschnitte immer wieder das Vorankommen und scrollt beispielsweise nicht schnell genug mit oder nervt mit One-Kill-Fallen.

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Eine Story zum Vergessen

So gelingt es „Mighty No. 9“ nie, einen dauerhaft an den Bildschirm zu fesseln. Schöne Momente wechseln sich mit Frust und Ärger ab. Die Schwierigkeiten in der Spielbalance machen einen echten Spielfluss extrem schwer. Zugleich erschienen die Figuren und die Geschichte allzu generisch und erzeugen keinerlei Anziehungskraft. Die Dialoge sind langweilig und die Charaktere besitzen keinerlei Tiefe. Natürlich benötigt ein Jump’n’Run keine Oscar-verdächtige Story, ein bisschen mehr Liebe und Hingabe für seine Helden wäre von Seiten Comcepts aber dennoch schön gewesen.

5.5

Wertung und Fazit

PRO
  • gute Plattformer-Steuerung
  • interessante Dash-Mechanik
  • ein bisschen Retro-Charme
CONTRA
  • Balancing-Probleme und Frustmoment
  • Schwache Technik
  • Durchwachsenes Leveldesign

Mighty No. 9 im Test: Das war nix, Herr Mega Man-Erfinder!

„Mighty No. 9“ lässt leider vieles von dem vermissen, das man sich von einem Herzensprojekt wie diesem erhofft hatte. Keiji Inafune und Team von Comcept liefern über weite Strecken ein durchaus solides Geschicklichkeitsspiel ab. Allerdings fehlt uns an vielen Stellen nicht nur das Feintuning, sondern auch die Liebe zum Detail. Das Grafikdesign erscheint allzu stereotyp, auf die Geschichte und die Helden wurde keinerlei Wert gelegt. Während wir solche Schwächen noch hätten verschmerzen können, wirken leider auch die Levels und die Boss-Kämpfe schwach ausbalanciert und allzu durchschnittlich. „Mighty No. 9“ besitzt keine Identität und fühlt sich daher nur wie ein Abziehbild von „Mega Man“ an. Immerhin: Viele klassische Spielelemente der Arcade-Zeit – wie beispielsweise das Auswendiglernen und die limitierten Leben – wurden integriert und erzeugen ein bisschen Retro-Feeling. Die Frage ist eben nur, ob man diesen Thrill im Jahr 2016 noch möchte und ob man mit den damit zusammenhängenden Frustmomenten klar kommt. „Mighty No. 9“ jedenfalls ist keine Vollkatastrophe, wird aber den großen Erwartungen nicht gerecht.

Kommentare

consolfreak1982

consolfreak1982

27. Juni 2016 um 12:33 Uhr