In “Call of Cthulhu: The Official Videogame” verkörpert ihr Edward Pierce, einen Privatermittler der in Boston ansässigen Detektei Pinkerton. Beauftragt von einem gewissen Mr. Webster reist Pierce kurz nach Spielbeginn auf die mysteriöse Insel Darkwater Island, um eine Familientragödie zu untersuchen, bei der die Künstlerin Sarah Hawkins und ihre Angehörigen durch eine Feuersbrunst ums Leben kamen. Das Problem an der Sache: Wie Mr. Webster berichtet, weist der Polizeireport des Unglücks zahlreiche Ungereimtheiten auf. Höchste Zeit also, dass jemand der Sache mal auf den Grund geht.
Insel der Verdammnis?
Die knapp 20-minütige Präsentation der Pre-Alpha-Fassung beginnt direkt auf Darkwater Island. Aus First-Person-Perspektive erkundet Pierce einen verlassenen Friedhof, in der Hoffnung, sachdienliche Hinweise zu finden. Erste wichtige Erkenntnis: Das Grab von Sarah ist übersät mit Blumen – das von ihrem Ehemann Charles Hawkins jedoch nicht. Ein Indikator dafür, dass jemand Charles nicht besonders mochte? Ja, ihm vielleicht sogar bewusst Schaden zufügen wollte?
Die Antwort darauf will Lead Level Designer Romain Wiart freilich nicht verraten. Wohl aber erklärt er, welche zentrale Spielmechanik mit der eben skizzierten Situation zusammenhängt. „In Call of Cthulhu ist vor allem Wissen eure mächtigste Waffe“, so Wiart. „Sei es nun das Wissen über den Zustand des Grabsteins oder sonstige Informationen, die Pierce im Spielverlauf sammelt – alles hilft der Spielfigur beim Weiterkommen.“
Was genau mit seiner zunächst etwas kryptisch formulierten Aussage gemeint ist, wird spätestens beim Erreichen des Hawkins-Villa klar. Dort nämlich trifft Pierce – gerade im Begriff, sich Zugang zum Anwesen zu verschaffen – auf Silas Winchester, einen grimmigen, mit einer Axt bewaffneten Hausverwalter. „Sie Scheißkerl versuchen, die Tür abzubrechen!“ flucht Silas beim ersten Augenkontakt. „Wissen Sie, was wir hier mit Eindringlingen wie Ihnen machen? Wir weiden Sie aus und dann versenken wir sie im Meer.“
Doch Pierce lässt sich nicht beirren und beginnt zu verhandeln. Was folgt ist ein klassischer Multiple-Choice-Dialog, der je nach Informationsstand eurer Spielfigur völlig anders abläuft. Habt ihr beispielsweise bereits das Grab von Sarah besucht und sprecht den Mann nun darauf an, werdet ihr schnell feststellen, dass Silas die Verstorbene scheinbar sehr mochte und wohl deswegen die Blumen dort niederlegte.
Heißt im Umkehrschluss: Wer jetzt tiefes Mitgefühl ausspricht und angibt, Licht in die tragische Angelegenheit bringen zu wollen, hat den Griesgram eigentlich schon weichgeklopft – und den Villa-Schlüssel praktisch in der Tasche.
Wiart weiter: „Selbstverständlich ist auch Versagen in dieser Situation eine mögliche Option. Gelingt es uns nicht, Silas zu überzeugen, müssten wir zum Beispiel mehr von der Umgebung erkunden, um einen anderen Weg hinein zu finden.“
Kämpfe sind zweitrangig
Ähnlich wie bei „Agatha Christie: The ABC Murders“ von Microids oder den „Sherlock Holmes“-Spielen von Frogwares geht es also auch in „Call of Cthulhu“ zunächst einmal darum, aufmerksam einer spannend erzählten Geschichte zu folgen und die Augen und Ohren offen zu halten. Indizien sammeln, Tatorte analysieren, andere Personen in Gespräche verwickeln – all das treibt den Plot voran. Da sich „Call of Cthulhu“ im Kern jedoch nicht nur als Detektiv-Abenteuer versteht, sondern obendrein als klassisches Rollenspiel, wird jede erfolgreiche Aktion mit Erfahrungspunkten belohnt. Genügend auf der hohen Kante winken sogenannte Charakterpunkte, um die Detektiv-Talente eures Helden zu verbessern.
Wiart geht weiter ins Detail: „Insgesamt bieten wir drei große Talentbäume. Soziale Fähigkeiten etwa helfen euch in Dialogen, also beispielsweise dabei, eine Person von einer Sache zu überzeugen oder zusätzliche Informationen in einem Gespräch zu erhalten.“ Ganz anders die Rubrik „Wissen“. Sie bündelt alle Fähigkeiten, die es Pierce ermöglichen, Bücher, Dokumente und andere Informationsquellen optimal auszuwerten. Blieben noch „Kenntnisse“. Wer fleißig Punkte in diesen Talentbaum investiert, kann unter anderem bereits erhaltene Informationen geschickt in Beziehung setzen und so neues Wissen aus bestehendem ableiten. Mittel zum Zweck ist eine Art Deduzieren-Minispiel, das leider nur sehr kurz präsentiert wurde.
Actio und Reactio
Des Weiteren verfügt „Call of Cthulhu“ über ein recht komplexes Reputations-System. Wiart holt aus: „Die Art und Weise wie wir mit anderen Figuren interagieren, beeinflusst deren Meinung uns gegenüber. Einige NPCs werden uns früher oder später verachten, andere werden uns mögen. Und wieder andere schließen sich sogar unserer Sache an. Ihr könnt sie dann zum Beispiel auf verschiedene Missionen entsenden, wo sie weitere Informationen zusammentragen oder nützliche Gegenstände sammeln“. Gezeigt wurde letztgenanntes Feature zwar nicht, spannend klingt es aber allemal. Plus: Geht’s nach Cyanide, steuert man die anderen Ermittler nie selbst, sondern weist ihnen lediglich Befehle zu, die sie dann selbstständig ausführen. Ob man sie dabei beobachten kann, wurde nicht verraten.
Hauptsache gesund
Passend zur „Call of Cthulhu“-Mythologie spielt natürlich auch Wahnsinn eine tragende Rolle im Spielkonzept. Die pfiffige Idee der Franzosen: Immer wenn der Held mit einem verstörenden Ereignis konfrontiert wird, nimmt seine sogenannte Sanity-Leiste ab. Komplett aufgebraucht, verliert Pierce schließlich den Verstand, dreht durch und stirbt.
Wie gut die Mechanik rund um die geistige Gesundheit des Helden bereits funktioniert, demonstriert Cyanide gegen Ende der Präsentation. Pierce betritt eine Gemäldegalerie von Sarah Hawkins. Zunächst wirkt alles normal. Doch kaum in der Nähe eines prominent ausgestellten Bilds am anderen Ende des Raums, geschieht das Undenkbare. Das Gemälde beginnt zu wackeln. Der Tunnel zu einer anderen Welt öffnet sich und begleitet von grotesken Schreien schält sich ein sogenannter Dimensionsschlürfer (Dimensional Shambler) mit meterlangen Klauen aus dem Bilderrahmen. Schlimmer noch: Schon beim Anstarren der Kreatur sackt die Sanity-Leiste von Pierce rapide in den Keller.
In unserem Fall versucht der vorspielende Entwickler nun zunächst hektisch, aus dem Sichtfeld der Bestie zu fliehen und schleichend hinter Umgebungsobjekten Schutz zu suchen. Weil das Monster jedoch sehr akribisch jeden Winkel des riesigen Raums absucht, wechselt Pierce schon bald seine Taktik und flüchtet instinktiv in einen nahegelegene Wandschrank.
Klingt ein bisschen nach „Alien Isolation“? Fast, denn anders als Amanda Ripley in Segas Horror-Hit hat Pierce furchtbare Platzangst – hier signalisiert durch massives, klar hörbares Herzrasen und eine weitere, konstante Abnahme der Sanity-Leiste. Oder krasser formuliert: Wer an dieser Stelle am Leben bleiben will, sollte es tunlichst vermieden, länger in Wandschränken zu verweilen und sich besser einen Plan C und D zurechtlegen. Die vermeintliche Lösung in diesem Fall: Der Vorspieler rennt zu einer Vitrine mit einem magischen Dolch darin, zerschmettert das Glas und… nun, leider wird die Demo an genau dieser Stelle jäh beendet.
Tiefe Narben
Ein paar abschließende Worte zum Thema Phobien kann sich Wiart dennoch nicht verkneifen. Das Wichtigste kurz und knapp: Zu Spielbeginn hat Pierce keinerlei Ängste und weist vollständige geistige Gesundheit auf. Je häufiger er jedoch Traumatisierendes erlebt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass daraus im Spielverlauf eine Phobie entsteht. Ihr versteckt euch in brenzligen Situationen ständig in dunklen Räumen? Dann wundert euch nicht, wenn Pierce irgendwann eine fiese Achluophobie entwickelt, sprich eine übersteigerte Angst vor der Dunkelheit. Aber auch die krankhafte Angst vor dem Tod (Nekrophobie) und weitere Persönlichkeitsstörungen sollen in „Call of Cthulhu“ eine wichtige Rolle spielen und adäquat durch das Sanity-System repräsentiert werden.
Weitere Meldungen zu Call of Cthulhu, Cyanide, Darkwater Island, Edward Pierce, H.P. Lovecraft, Unreal Engine 4.
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Kommentare
Alopex-Lagopus
04. März 2017 um 12:54 UhrErinnert vom Lesen her stark an Villen des Wahnsinns. Das weiß zu gefallen. 🙂
NoBudget
04. März 2017 um 13:08 UhrDer damalige Titel war schon Fett ..
Khadgar1
04. März 2017 um 13:44 UhrKlingt schon mal super. Wird definitiv im Auge behalten.
khultura
04. März 2017 um 14:08 Uhrjupp, könnte spannend werden 🙂
Atamanovic
04. März 2017 um 14:57 UhrHauptsache Story und Atmosphäre stimmen.
Focus HI ist aber schon ein interessantes Unternehmen. Sie haben weder große Blockbuster im Portfolio, noch produzieren sie billige Indiegames und trotzdem scheinen sie sich stabil am Markt zu halten. Freut mich wirklich, dass sie scheinbar ihren Markt gefunden haben.
E4tThiZz_Z
05. März 2017 um 10:27 UhrGeht das in die Richtung Sherlock Holmes (mit Monstern btw Aliens) ???
His0ka
06. März 2017 um 00:34 Uhrimmer gibt es nur ein „gut“ für solche spiele aber AAA einheitsbrei bekommt immer ein sehr gut
Rushfanatic
13. Mai 2017 um 18:10 UhrEs erinnert mich an Amnesia