„Yakuza 6“ steht auf den ersten Blick im Konkurrenzkampf mit Open-World-Spielen wie „GTA 5“ oder „Mafia 3“. Also Actiontiteln, in denen sich alles darum dreht, sich wahlweise seinen Platz in der Unterwelt zu sichern oder sich an den Schergen zu rächen. Kazuma Kiryu hat das alles längst hinter sich und möchte eigentlich nur ein ganz normales Leben führen. Das funktioniert wenig überraschend natürlich nicht und so präsentiert sich „Yakuza 6“ als fokussiertes, aber nicht minder spannendes Finale der bekannten Sega-Serie.
Der Zahn der Zeit
Nach drei Jahren hinter schwedischen Gardinen kehrt ein inzwischen 48-jähriger Kazuma Kiryu zurück ins Leben. Doch zur Freude bleibt wenig Zeit, denn ihn überrollt die Vergangenheit förmlich. Seine Ziehtochter Haruka ist inzwischen erwachsen und Mutter, wird aber bei einem Unfall schwer verletzt. Kiryu muss sich nun um ihren kleinen Sohn Haruto kümmern, sondern auch dessen Vater finden. Und obwohl Kiryu nichts mehr mit dem organisierten Verbrechen zu tun haben wollte, zieht es ihn doch wieder genau dorthin.
Emotionales, aber spielerisch nicht perfektes Finale
„Yakuza 6“ rollt seine Geschichte langsam auf und stellt dabei einen sichtlich gealterten Kazuma Kiryu in den Mittelpunkt. Seine Konflikte mit einer sich rasch verändernden Welt und den plötzlichen Umwälzungen stehen sinnbildlich für den Gegensatz von Tradition und Fortschritt. Die Story nimmt eine eher vorsichtige Entwicklung, wird aber mit zunehmender Spielzeit immer komplexer und besitzt letztlich auch viele, teils überraschende Wendungen.
Es menschelt …
„Yakuza 6“ spielt in lediglich zwei Regionen: Der Großstadt Kamurocho und dem Küstendörfchen Onomichi. Die „Dragon“-Engine leistet hier – trotz fehlender 30 Bilder pro Sekunde – ganze Arbeit und gerade Kamurocho überflutet einen mit seinen tausenden von Neonreklamen mit Reizen. Zugleich fallen hier aber auch Schwächen wie Kantenflimmern auf, aber insgesamt macht „Yakuza“ technisch einen Schritt nach vorne.
Die große Stärke des Spiels liegt zweifellos in der Darstellung seiner Spielwelt in Verbindung mit den Quests. Manchmal fühlt sich „Yakuza 6“ fast wie ein Walking-Simulator an. Wir jedenfalls ignorierten immer wieder Hauptaufgaben und Troublr-Missionen und schlenderten einfach nur durch die Straßen. Das Spiel zieht einen unweigerlich hinein in eine fremde Welt und unterstreicht diesen Anspruch auch in seinem Missionsdesign.
Ganz egal, ob wir uns einige Minuten am „Virtua Fighter“-Automaten vertreiben oder gar Kätzchen für ein Katzen-Café retten – es menschelt in „Yakuza 6“ einfach und auch wenn spielerisch längst nicht alles Gold ist, was da glänzt, so wirkt das Spiel ungemein persönlich und nah. Wenn dann noch ein ausgewachsener Ex-Ganove wie Kiryu sein Herz an den kleinen Haruto verliert, dann ist es sicherlich auch um uns geschehen. „Yakuza 6“ berührt auf seine ganz eigene Art und trumpft zugleich mit einer Fülle kurioser und teils auch humorvoller Quests auf.
Elefant im Porzellanladen
Auch wenn vieles auf den ersten Blick darauf hindeutet: „Yakuza“ wollte nie ein „GTA“-Klon oder etwas in dieser Richtung sein. Entsprechend fehlen beispielsweise Fahrzeuge oder andere Elemente. An Action mangelt es aber trotzdem nicht und die in saftigen Schlägereien ausgetragenen Auseinandersetzungen lassen keinen Stein auf dem anderen.
Schuld daran ist die mit „Yakuza 6“ eingeführte „Dragon“-Engine. Fanden in früheren Ablegern Gefechte noch in eingegrenzten Bereichen statt, gibt es diesmal keine Ladezeiten oder andere Unterbrechungen mehr. Stattdessen prügelt ihr euch in Geschäfte hinein, schnappt euch Gegenstände wie Schilder oder Pylonen und drescht damit auf eure Kontrahenten ein.
Besonders das zerstörbare Inventar trägt maßgeblich zur Stimmung eines typischen Asia-Movies bei. Spielerisch gibt sich „Yakuza 6“ eher genügsam und verzichtet auf zusätzliche Stile. Immerhin gibt es mit den Heat-Moves – also Finishern – ordentlich was auf die Ohren. Nicht selten donnert Kazuma seine Kontrahenten in Autos oder in andere Objekte innerhalb der Umgebung.
Die Schwächen des Kampfsystems
Wie ja bereits erwähnt, bereiten die zünftigen Schlägereien eine Menge Freude und dennoch sind wir nicht absolut zufrieden damit. Denn insgesamt wirkt Kazuma Kiryu zwar weiterhin stark, jedoch in seinen Fähigkeiten doch arg eingeschränkt. Die fehlende Varianz wiederum führt mit der Zeit dazu, dass wir Routinen entwickeln und gerade schwächere Widersacher stets nach dem gleichen Muster abfrühstücken. Erst klopfen wir einen Kameraden weich, dann schleudern wir ihn durch die Gegend und schalten so seine Kameraden aus. Im Anschluss schnappen wir uns dann irgend einen der unzähligen Gegenstände und erledigen den Rest. Das System spielt sich zwar spaßig, hätte aber gerade für Langzeitspieler mehr Tiefe vertragen können.
Kein leichter Einstieg
Machen wir uns nichts vor, „Yakuza 6 – The Song of Life“ stellt einen Abschluss für die Geschichte dar und entsprechend bietet das Spiel – trotz runderneuerter Engine und Spielmechanik – längst nicht den idealen Einstieg in das „Yakuza“-Universum. Sega gelingt es nur bedingt, Neulinge ins Boot zu holen. Der Start wirkt in sich einen Hauch zu lang gezogen und allein das kostet schon Motivation.
Dazu aber wäre ein ausführlicher Rückblick auf die Kernpunkte der Serie spannend gewesen. Diese Informationen finden wir in „Yakuza 6“ aber lediglich in Textform. Dass dann (wie gehabt) die Sprachausgabe nur auf Japanisch und die Untertitel lediglich auf Englisch verfügbar sind, wird interessierten Neulingen endgültig den Start verhageln. Kenner der Serie ärgern sich dagegen darüber, dass aus den Vorgängern bekannte Nebendarsteller oftmals nur wenig Zeit bekommen und nur noch Randfiguren zu sein scheinen.
Kommentare
Diibo
22. April 2018 um 16:13 UhrWer kennt ihn nicht?: den Zahn der Zahn
Nnoo1987
22. April 2018 um 16:55 UhrNe kenn ich nicht. Was soll der gemacht haben das ihn alle kennen sollten??
Leitwolf01
22. April 2018 um 18:51 UhrJetzt müsste Sega noch Yakuza 3 bis 5 für die PS4 umsetzen und die komplette Reihe ist vollständig auf einer Konsole spielbar.
Und irgendwann spiele ich nochmal Yakuza 0 bis Yakuza 6 direkt nacheinander durch, um die komplette Geschichte an einem Stück genießen zu können…
Farfan20
23. April 2018 um 11:57 Uhr@Leitwolf01 das ist auch mein Plan 🙂