Vergangene Woche verkündete Sony Interactive Entertainment, das Unternehmen werde bei Japan Studio massive Restrukturierungen vornehmen. Damit wird das älteste und gleichzeitig eines der experimentierfreudigsten Teams des PlayStation-Konzern bald nicht mehr so wie bisher existieren. Einzig die Abteilung Team Asobi, die zuletzt für „Astro’s Playroom“ verantwortlich zeichnete, werde übrig bleiben. Ein Schritt, der angesichts der Historie des Studios zweifelsohne traurig ist, allerdings deutete sich die Umstrukturierung bereits seit geraumer Zeit an.
Innovation, Kreativität und Chaos: Sonys Ambitionen scheiterten
Seit seiner Gründung im Jahr 1993 arbeitete Japan Studio an hunderten von PlayStation-Games mit, auf jeder Plattform, die Sony seither veröffentlichte. In Eigenregie erschufen sie Kulttitel wie „Ape Escape“ und „PaRappa the Rapper“, kleine Perlen wie „Gravity Rush“ sowie ausgefallene Titel wie „LocoRoco“. Darüber hinaus unterstützten sie immer wieder andere Entwicklerteams bei ihren Arbeiten, etwa FromSoftware bei „Bloodborne“ oder auch BluePoint bei deren Neuauflage des PS2-Meilensteins „Shadow of the Colossus“. Japan Studio stand in all diesen Jahren vor allem für innovative Ideen und Kreativität.
Obwohl viele ihrer Spiele oftmals positiv aufgenommen wurden, entwickelte sich dennoch keines von ihnen je zu einem kommerziellen Megahit. Sie waren ein Teil von Sonys Identität und unterstrichen wunderbar die Verbindung zum Heimatland der PlayStation-Marke, allerdings konnte das Team den Erwartungen des Konzerns insbesondere in den letzten Jahren nie gerecht werden. Sonys Ambitionen waren, wie Allan Becker 2013 gegenüber Kotaku verriet, Japan Studio zu einem seiner Vorzeigestudios zu machen. Der Plan war, es auf ein Level mit anderen hauseigenen Studios wie Naughty Dog oder Santa Monica zu heben, doch dieses Vorhaben scheiterte.
Beckers erste Aufgabe, der damals den Posten als Oberhaupt von Japan Studio übernommen hatte, war es, das Chaos im Studio zu beseitigen. In seiner Anfangszeit hätten sich zwischenzeitlich über 40 Titel in Produktion befunden. Dies seien für ihn regelrecht schockierende Zustände gewesen, wie er Kotaku verriet. Aus diesem Grund sorgte Becker damals zunächst dafür, die Ressourcen des Studios sinnvoller einzusetzen, was ihm auch gelang. Die Titel, die Japan Studio seither veröffentlichte, beispielsweise die beiden „Gravity Rush“- oder „Knack“-Games, erzielten wirtschaftlich dennoch nur überschaubare Erfolge.
Restrukturierungen von Japan Studio wenig überraschend
Da die erhofften großen Hits somit ausblieben, waren Restrukturierungen unvermeidlich. Japan Studio wurde immer wieder verkleinert, Budgets wurden zusehends reduziert und auch neue Spiele erschienen in immer unregelmäßigeren Abständen. In den letzten Monaten verließen diverse wichtige Kreativköpfe die Firma, darunter namhafte Mitarbeiter wie Masaaki Yamagiwa („Bloodborne“), Ryo Sogabe (Video Manager) und Brendan Pritchard. Bereits zuvor waren Teruyuki Toriyama, Keiichiro Toyama, Kazunobu Sato und Junya Okura gegangen.
Veränderungen, die aus rein kreativer Sicht – immerhin war die Firma für Jahrzehnte ein integraler Bestandteil der PlayStation-Marke – natürlich äußerst schade sind, schließlich werden sie nicht von Team Asobi übernommen, das als einzige Abteilung von Japan Studio nach der Restrukturierung übrig bleiben wird. Rein praktisch dürfte die Schließung des Studios zunächst dennoch keine sonderlich relevanten Auswirkungen für Sony Interactive Entertainment haben. Output, Budget und Personal, das einstmals Japan Studio definierten, sind schließlich nicht mehr da beziehungsweise müssen nicht mehr investiert werden.
Schwerer wiegen könnte langfristig hingegen die wegfallende Rolle, die Japan Studio als Schnittstelle Sonys auf dem japanischen Markt hatte. In der offiziellen Ankündigung hieß es vonseiten des PlayStation-Konzerns, „die Rollen der externen Produktion, der Softwarelokalisierung und des IP-Managements von Japan Studio-Titeln (werden) in den globalen Funktionen der PlayStation Studios konzentriert.“ Dies könnte die Kommunikation mit japanischen Entwicklerstudios beeinträchtigen. Natürlich werden große Marken wie „Final Fantasy“ oder auch „Resident Evil“ nicht von PlayStation-Systemen verschwinden, doch womöglich könnte dies Auswirkungen auf die Zusammenarbeit mit kleineren Teams haben, die sich nun mit Menschen in anderen Teilen der Welt und in anderen Sprachen austauschen müssen.
Japan Studio-Schicksal mehr als nur eine Studio-Schließung
Es wäre nun sicherlich verfrüht und auch übertrieben zu sagen, Sony würde den japanischen Markt, der für Videospiele immer noch einer der wirtschaftlich wichtigsten weltweit ist, nun komplett fallen lassen. Ebenso wäre es vermutlich auch sehr theatralisch zu behaupten, die PlayStation-Marke würde dadurch nun in ihrem eigenen Heimatland sterben. Darüber hinaus ist eben durchaus ein Schritt, der aus rein wirtschaftlicher Perspektive für Sony Interactive Entertainment sinnvoll sein dürfte. Dennoch hinterlässt die Restrukturierung von Japan Studio einen recht bitteren Beigeschmack, der vielen langjährigen Fans unschön aufstoßen könnte.
Mit Japan Studio verabschiedet sich letztendlich schließlich nicht nur eines der kreativsten Teams von Sonys PlayStation-Sparte, sondern auch eines seiner experimentierfreudigsten. Sie haben das Portfolio im Laufe der Jahrzehnte um zahlreiche faszinierende wie charmante kleine Spiele bereichert, welche die Vielfalt, für die PlayStation steht, stets wunderbar unterstreichen konnten. Deshalb sollten wir, so traurig diese Neustrukturierung des Studios in Team Asobi auch sein mag, nicht zu negativ in die Zukunft blicken, sondern vielmehr hoffen, dass sich die PlayStation-Familie ein Stück dieser teils verrückten Kreativität von Japan Studio bewahren können.
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Kommentare
Squarestation
08. März 2021 um 20:21 UhrDie waren doch hauptsächlich ein Studio zur Untersützung anderer Studios. Woher diese künstliche Aufregung kommt, keine Ahnung.
ResidentDiebels
08. März 2021 um 20:39 UhrKnack 3 in 8K und das Studio wird wie Phönix aus der Asche auferstehen.
Waltero_PES
08. März 2021 um 20:42 UhrGuter Kommentar! Dem ist nichts hinzuzufügen.
consoleplayer
08. März 2021 um 20:54 UhrKann ich so unterschreiben.
ResidentDiebels
08. März 2021 um 21:13 Uhr@ Hugo
Sag mal konntest du damals wenigstens einmal durchkommen beim Hugo Telespiel?
Ich habs immer versucht, aber nie geschafft. Das hat bei mir für ein Trauma gesorgt, was ich bis heute nicht verarbeiten konnte.
Brzenska
08. März 2021 um 21:17 UhrPhil Spencer ist Schuld, das Jim Ryan langsam Sony und die Marke PlayStation zerstört!
Squall Leonhart
08. März 2021 um 21:26 Uhr@ Brzenska
Wie meinst du das?
Eloy29
08. März 2021 um 21:52 UhrIch halte es für richtig wo anders neue Kräfte neue Studios zu erstellen. Was wichtig bleiben sollte das Sony auch mal wieder Spiele heraus bringt die mehr wagen wie andere. Hierfür war dieses Studio lange gut aber heute wo mehr der kommerzielle Erfolg zählt geraten diese Games leider immer mehr in die Vergessenheit.
Stardust140
08. März 2021 um 23:34 UhrFinde ich gut, konnte mit den Titeln von Japan studio nichts anfangen. Bloodborne mal ausgenommen.
Argonar
09. März 2021 um 00:27 UhrJa immer schön verkleinern und Budgets reduzieren und sich dann wundern, wenn die Erfolge ausbleiben.
Gravity Rush war wenigstens einer der wenigen Vita games. Um Knack ist es schade. Der erste Teil war klar als Launch Title gerushed, aber das Spiel hatter Potential und der zweite was schon deutlich besser.
KeksBear
09. März 2021 um 00:38 UhrSehr schade. Finde persönlich das die Japan Studios eines der besten von Sony sind. Gerade Astro Bot war für mich persönlich perfekt.
FSME
09. März 2021 um 04:45 UhrSchade, Sony verliert immer mehr seine Wurzeln. Vielleicht schlagen die in amerikanischem Boden besser aus.
Spyro
09. März 2021 um 07:15 UhrZumindest bleibt Team Asobi, Astros Playroom auf der Ps5 war genial. Hoffe das da sowas ähnliches mit mehr Spielzeit kommt.
AshySlashy
09. März 2021 um 10:15 UhrStudios kommen und gehen, die Entwickler die talentiert sind, werden einfach woanders gute Arbeit leisten. Ich denke sowieso, dass ältere Marken das Problem haben von eingefahrenen Strukturen ausgebremst zu werden.
Saladfingers92
09. März 2021 um 11:24 UhrAn alle schwarzseher, die denken, dass sony immer weniger Entwickler hat.. ihr irrt euch.
Sony will eben wie sie schon oft gesagt haben ein „organisches wachstum“ haben ihrer Studios und nicht einfach blind auf shopping tour gehen. Ich folge ein paar Studios auf twitter und allein bei naughty dog werden glaub um die 50 Leute gesucht.
Ich hab die Befürchtung dass Microsoft eben auch in den nächsten Jahren wieder Studios schließen wird. Ich denke es ist schon besser studios einfach weiter aufzubauen. Solche großen studios haben ja nicht nur ein Spiel in Entwicklung sondern mehrere.
Magatama
09. März 2021 um 11:53 UhrEin sehr fataler Schnitt. Ein extrem auf kommerziellen Erfolg ausgerichtetes Unternehemen muss sich auch einen kreativen Winkel leisten. Das ist wichtig für’s Firmengenom. Ein kleiner Teil, wo’s nicht auf Umsatz ankommt, sondern der kreative Saat säen kann. Vielleicht hätte man die Strukturen in Japan Studio etwas straffen könnnen, aber Kreativität erwächst nunmal auch aus dem Chaos. Jetzt kommt ein Westler und macht es quasi dicht und kappt die japanischen Wurzeln eines japanischen Konzerns. Das wird nicht gut ankommen in Nihon. Und bei mir auch nicht.
TomCat24
09. März 2021 um 12:08 UhrWas haben hier alle für Probleme ? Team Asobi bleibt doch. Und was hatte Japan Studios für einen Output ? Alle drei Jahre ein Spiel ? Das schafft das verkleinerte Studio doch leicht. Astros Playroom hat doch bewiesen, dass man ein Team hat, das liefern kann und dabei kreativ ist. Und wenn die Ihre Arbeit gut machen, wird das vielleicht auch mal wieder vergrößert. Wer weiß das heute ?
Bersi
09. März 2021 um 12:46 UhrDafür das Japan Studios lange nichts mehr geliefert hat das kommerziell wirklich erfolgreich war, hat Sony trotzallem lange an diesem Studio fest gehalten, Hut ab.
Nur wenn es wirtschaftlich irgendwann keinen Sinn mehr macht, vorallem ein Studio dieser Größe, muss irgendwann die Konsequenz daraus gezogen werden, schließlich ist das überall auf der Welt so.
big ed@w
09. März 2021 um 12:49 UhrDie vorgegebene Richtung ist doch klar und logisch.
Sony wollte ein Japan Äquivalent zu den westlichen Studios schaffen.
Das ist nie gelungen,weil ein Top Titel fehlte.(Gravity Rush wurde durch die Vita abgewürgt u ist allgemein zu nischig)
und das Studio von sich aus nicht überlebensfähig ist.
Ein Zombie den man jahrelang durchgeschleppt hat.
Hier war der Cut richtig.
Die Schliessung der Evolution Studios war ein Fehler weil Yamauchi nur ein Spiel pro Inkarnation releast u weil man aufgrund eines einzigen Versagens kein Studio schliesst ,insbes. dann nicht wenn das Endprodukt
wirklich top war,es aber viel zu früh auf den Markt kam.
Astrobot war quasi der einzige grosse Wurf und auf dem will man nun aufbauen um zu den westlichen Studios aufzuschliessen.
Weg von Chaos u Kleinkram,den man an externe Entwickler abgeben wird,
da es niemanden interessiert ob ein Budget 2.5D Titel von Sony direkt oder von
2nd parties kommt.
Bersi
09. März 2021 um 12:49 UhrDavon können die Grünen vorallem ein Lied singen, denn wie wir wissen, sind die Redmonder da viel schlimmer ziehen den Stecker schneller ab, als Phil Niesen kann. ^^