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Review

GhostWire Tokyo im Test: Eine gruselige übernatürliche Reise

"GhostWire: Tokyo" steht in den Startlöchern und damit das neueste Werk der japanischen Spieleschmiede Tango Gameworks. Ob sich ein Ausflug in die von Monstern überrannte Metropole lohnt, verraten wir euch in unserem Test.

play3 Review: GhostWire Tokyo im Test: Eine gruselige übernatürliche Reise

7.5

Mit „GhostWire: Tokyo“ melden sich die Horrorspiel-Experten von Tango Gameworks zurück und das auf Konsolen sogar PlayStation 5-exklusiv. Diesmal erwartet uns jedoch kein ähnlicher Survival-Schocker wie noch in „The Evil Within“, sondern ein klassisches Action-Adventure in einer offenen Spielwelt. Warum sich der Abstecher in die asiatische Megametropole trotz der einen oder anderen Schwäche lohnt, erläutern wir in den nachfolgenden Zeilen.

Eine waschechte Geisterstadt

Im Mittelpunkt der Handlung steht ein junger Mann namens Akito, der eigentlich ein gewöhnliches Leben in Tokio führt. Mit Normalität ist es jedoch schnell vorbei, denn eines Tages lösen sich die Bewohner der Hauptstadt des Inselstaats plötzlich spurlos auf. Von ihnen zurück bleiben nur ihre Kleidung und andere materielle Besitztümer. Auch unserem Protagonisten sollte es so ergehen, doch das Schicksal hatte andere Pläne mit ihm.

Bevor er verschwindet, fährt ein Geist in ihn und ergreift Besitz vom Körper unserer Hauptfigur. Wie sich später herausstellt, handelt es sich hierbei um einen Mann namens KK, der über magische Kräfte verfügt, die nun auch Akito nutzen kann. Anfangs noch widerwillig schließen sie sich zusammen, um nach der Schwester unseres Hauptcharakters zu sehen und den Ursprung all dieses Wahnsinns zu ergründen.

Hierbei stoßen sie auf Hannya, dem Drahtzieher der Ereignisse. Dieser hat es aus irgendeinen Grund auf Akitos Schwester abgesehen, die eine Schlüsselrolle in seinem Plan spielen könnte. Um dieses Vorhaben durchkreuzen zu können, muss sich das Duo beeilen, denn die Zeit rennt ihnen davon und zahllose Monster und Dämonen überfluten die Straßen Tokios. Ob Akito und KK die Welt vor dem Bösewicht retten können werden?

Das möchten wir euch an dieser Stelle natürlich nicht verraten. Allerdings ist die Geschichte von „GhostWire: Tokyo“ nicht unbedingt die ganz große Stärke des Titels. Das liegt vor allem daran, dass diese gerade im Mittelteil etwas zu gemächlich vor sich hinplätschert und echte Highlights rar gesät sind. Zudem ist auch der Antagonist kaum der Rede wert und wird charakterlich nicht sonderlich nennenswert ausgearbeitet. Im finalen Akt legt die Story dafür nochmal ordentlich zu und gipfelt in einem überraschend emotionalen Finale, das komplexe Themen wie Hoffnung, Trauer sowie Verlust behandelt und die übernatürliche Reise zu einem runden Abschluss führt.

Mit Magie gegen die Yōkai-Invasion

Mit Akito und KK durchstreifen wir also die offene Spielwelt und erkunden verschiedene Bezirke Tokios. Einige ikonische Sehenswürdigkeiten der Großstadt, etwa der Tokyo Tower oder auch die weltberühmte Shibuya Kreuzung, wurden dabei von den Machern akribisch nachgebildet, was die Sogwirkung des Schauplatzes unterstützt. Doch natürlich bleibt für Sightseeing nicht allzu viel Zeit, immerhin gibt es viel für unser dynamisches Duo zu tun.

Zunächst wimmelt es in der Stadt nur so vor den sogenannten Besuchern. Dies sind Dämonen und Monster aus einer anderen Welt, die nun das Diesseits unsicher machen und für Hannya menschliche Seelen einsammeln. Um die Yōkai-Invasion zu stoppen, können wir glücklicherweise auf die magischen Kräfte von KK bauen. Dieser kann insgesamt drei Elemente (Wind, Wasser, Feuer) beherrschen, die allesamt eigene Vor- und Nachteile mit sich bringen. Wind ist schnell, richtet jedoch relativ wenig Schaden an. Wasser kann zerstörerisch sein, ist allerdings nur auf kurze Distanz wirklich effektiv. Feuer verursacht dafür mit einer Explosion Flächenschaden und ist gewissermaßen ein Mittelding aus den anderen beiden Elementarkräften.

In den Kämpfen mit unseren übernatürlichen Widersachern müssen die verschiedenen Fähigkeiten geschickt miteinander kombiniert werden. Das gilt insbesondere dann, wenn verschiedene Gegnertypen auf einmal erscheinen und wohl überlegt sein möchte, welche Feinde zuerst erledigt werden sollten. Des Weiteren stellen sich unseren Helden auch immer wieder deutlich größere sowie schaurig-schön designte Bossgegner in den Weg, die ihnen ebenfalls einiges abverlangen. Einige Zwischenbosse wiederholen sich zwar, dafür sind die Konfrontationen mit den Story-Bossen im Großteil der Fälle sehr spaßig gelungen.

Einige Feinde können schwache Attacken blocken oder ablenken oder sind nur an bestimmten Körperstellen verwundbar. Andere wiederum attackieren können ihre Mitstreiter sogar heilen und einigen ist es sogar möglich, KK aus Akitos Körper herausreißen und euch so bedeutend zu schwächen! All das fügt den Konfrontationen eine angenehm taktische Note hinzu, da so ständig zwischen Offensive und Defensive gewechselt werden muss. Zusätzliche Hilfen sind verschiedene Talismane, mit denen ihr Gegner beispielsweise kurzzeitig lähmen oder schwächen könnt, was Raum für neue Strategien eröffnet. Insbesondere in den ersten Stunden macht all dies wirklich sehr viel Spaß und animiert zum weiterspielen.

Sämtliche dieser magischen Attacken werden dabei über spezielle Handzeichen ausgeführt. Diese dürfen wir über einen von insgesamt drei angenehm umfangreichen Talentbäumen mit  Erfahrungspunkten verstärken, die wir für erfolgreich abgeschlossene Missionen und Nebentätigkeiten erhalten. Ebenfalls nützlich sind hierbei spezielle Gebetsketten, die uns Boni auf gewisse Attacken oder andere Aktionen gewähren. Auf traditionelle Schusswaffen müssen wir somit in „GhostWire: Tokyo“ weitestgehend verzichten, doch das ist überhaupt nicht schlimm, da sich die Magie hervorragend in das japanische Setting einfügt. Eine gewöhnliche Fernkampfwaffe gibt es allerdings doch: Einen Bogen, der vor allem in den ab und zu auftretenden Schleichabschnitten wichtig ist.

Es kommt im Laufe der Story nämlich ab und an vor, dass Akito und KK voneinander getrennt werden und wir somit ohne die tollen Magieattacken auskommen müssen. In diesen Abschnitten liegt ein großer Fokus auf Stealth und die Waffe der Wahl ist hier eben jener Bogen. Das funktioniert an sich zwar gut, nutzt sich jedoch auch recht schnell ab, da unsere Optionen arg beschränkt sind. Hier hätten sich beispielsweise verschiedene Pfeilarten angeboten, um etwas Varianz reinzubringen. Generell wären weitere Kampfoptionen schön gewesen, etwa die Möglichkeit, mit den übernatürlichen Kräften richtige Kombos zu entfesseln. Doch auch mit diesen kleinen Einschränkungen sind die Kämpfe eine der größten Stärken des Action-Adventures.

Ein großer Abenteuerspielplatz mit Abstrichen

Wenn ihr euch nicht gerade gegen allerlei Dämonen erwehren müsst, hält die Open World selbstverständlich noch weitere Aktivitäten und Aufgaben für euch bereit. Hierzu zählt beispielsweise die Säuberung von Torii-Toren, spirituellen Orten, die von den Besuchern verunreinigt wurden. Um dies tun zu können, müsst ihr zunächst die patrouillierenden Monster ausschalten und den Bereich so sichern. Wart ihr mit der Reinigung erfolgreich, schaltet ihr als Belohnung nicht nur einen Teil der von in verfluchten Nebel gehüllten Spielwelt frei, sondern erhaltet ebenfalls einen Schnellreisepunkt sowie Zugriff auf diverse Nebentätigkeiten.

Hierzu zählen unter anderem klassische Nebenmissionen, in denen ihr von einem Auftraggeber – Geistern oder anderen übernatürlichen Wesen – eine Quest erhaltet. Einige wollen, dass ihr einem Fluch nachgeht, Ausschau nach ihren Freunden haltet oder einen besonders mächtigen Besucher ausschaltet. Von diesen Sidequests bleiben allerdings nur wenige länger im Gedächtnis, sei es, weil sie stimmige tragische Kurzgeschichten erzählen oder mit einer kreativen Idee hinsichtlich des Leveldesigns oder der Inszenierung aufwarten können. Viel zu oft nahmen wir jedoch ziemlich uninspirierte Quests an, die nach dem erfolgreichen Abschluss schon wieder vergessen waren.

Darüber hinaus gibt es auch kaum interessante Anreize, um diese Aufträge zu erledigen. Abgesehen von Geistern, die wir gegen Geld und Erfahrungspunkte eintauschen können, sind die Belohnungen überschaubar. Selten winken neue Optionen für den Fotomodus sowie frische Outfits, die spielerisch keinen Mehrwert haben. Des Weiteren gleichen sich viele dieser Sidequests hinsichtlich ihres Ablaufs recht stark: Erkundet ein Gebiet, erledigt einige Besucher, besiegt vielleicht noch einen Miniboss und sackt eure Bezahlung ein. Das unterhält zwar in den ersten fünf bis sechs Spielstunden noch gut, verliert nach 20, 30 oder auch 40 Stunden, die ihr durchaus für einen 100%-Spieldurchlauf von „GhostWire: Tokyo“ investieren könnt, jedoch spürbar an Reiz.

Neben diesen recht klassischen Nebenmissionen warten natürlich noch weitere Aktivitäten in Tokio auf euch. Ihr könnt Geister einsammeln, verschiedene Yōkai aufspüren, die sich überall in der Stadt verstecken, besondere Objekte suchen, welche ihr bei Nekomata (Katzendämonen) gegen Geld eintauschen dürft, oder ihr füttert herumstreunende Hunde, die euch zu kleinen Schätzen führen. All diese optionalen Tätigkeiten, die teils von bekannten japanischen Sagen und Geistergeschichten inspiriert sind, fügen sich zwar überaus organisch ins Setting ein, doch gameplaytechnisch hätte es gerne mehr Abwechslung sein können. Apropos Nekomata: Bei diesen dürfen in Shops auch Geld ausgeben und Pfeile, Talismane sowie Essen kaufen. Letzteres wird benötigt, damit Akitos Lebensenergie wieder aufgefüllt werden kann.

Eine herrlich stimmungsvolle Spielwelt

Dass dies zumindest in den ersten Spielstunden nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, liegt indes vor allem an der Spielwelt, die sehr detailverliebt daherkommt. Der Mix aus modernen Hochhäusern und grellen Neonlichtern auf der einen und alten Tempeln und Schreinen auf der anderen Seite hebt sich wohltuend von anderen urbanen Open-World-Settings ab und verströmt eine ganz eigene Atmosphäre. Außerdem dürfen wir die Stadt nicht nur am Boden, sondern auch oben auf den Dächern erkunden. Dank seiner Verbindung zu KK kann unser „GhostWire“-Held nämlich kurze Strecken durch die Luft gleiten und sich mittels Tengus (Vogelmenschen) auf Dächer hinaufziehen. Das hält die Erkundung frisch und wird im Laufe des Spiels gut genutzt.

Generell ist die Spielwelt wundervoll gestaltet und verströmt regelmäßig eine wohlige Gruselstimmung. Positiv hervorheben möchten wir in dieser Hinsicht das Leveldesign einiger Missionen. Es kam ab und zu vor, dass die Umgebungen um uns herum regelrecht zum Leben erwachten: Gegenstände blockierten den Weg, Wandgemälde bewegten sich plötzlich und teilweise verschoben sich ganze Räume, während wir diese durchquerten. Zudem arbeiten die Entwickler immer wieder gekonnt mit Licht und Schatten sowie Farbfiltern, um eine unangenehme Stimmung zu erzeugen. Die Erfahrungen des Teams im Horrorbereich strömen an diesen Stellen förmlich aus jedem Polygon und machen das Open-World-Abenteuer zu einer ganz besonderen Erfahrung.

Ebenfalls hervorragend gelungen ist die Einbindung des DualSense-Controllers. Insbesondere das haptische Feedback wird regelmäßig ins Spielgeschehen eingebunden. Durch sanfte Vibrationen spüren wir auf Akito herabfallende Regentropfen, seine Anstrengung beim Spannen des Bogens oder auch das Greifen von Leitersprossen. Wischen wir über das Touchpad können wir derweil zwischen den verschiedenen Angriffen wechseln und aus dem Lautsprecher erklingen KKs Stimme sowie andere Signale bei der Erkundung der Umgebung. All dies trägt maßgeblich zur dichten Atmosphäre des Spiels bei und hilft, uns tiefer in die Spielwelt zu ziehen.

Auch hinsichtlich der Technik von „GhostWire: Tokyo“ haben wir nur wenig zu beanstanden. In 4K mit aktiviertem HDR, Raytracing und HFR (High Frame Rate) sieht das Spiel insgesamt sehr gut aus. Gerade die scharfen Texturen und die Spiegelungen der Neonlichter auf dem nassen Untergrund sind wunderbar anzusehen. Hinzukommen die schön bizarr gestalteten Monster, denen wir in der offenen Spielwelt begegnen und deren mal schnellen, mal ruckartigen Bewegungen gut zur Gruselstimmung passen.

Des Weiteren bietet der Titel insgesamt ganze sechs Darstellungsmodi, von denen einige die Auflösung und andere die Framerate begünstigen. Lediglich sehr seltene Framerate-Einbrüche sowie vereinzelte ins Bild ploppende Objekte sind uns negativ aufgefallen. Abgerundet wird all dies von einem sehr stimmungsvollen Sounddesign und einem guten Soundtrack, der das Geschehen stets passend untermalt. Auch die deutsche Synchronisation, in der Akito von Tommy Morgenstern (Son-Goku in „Dragon Ball Z“) gesprochen wird, ist sehr gut gelungen, auch wenn wir die japanische Sprachausgabe in Kombination mit dem Setting noch einen Tick stimmiger fanden.

7.5

Wertung und Fazit

PRO
  • Wunderbar atmosphärische Spielwelt mit Mix aus Realität und japanischer Folklore
  • Angenehm taktische Kämpfe mit Magiekräften gegen allerlei Monster
  • Leveldesign in einigen Missionen toll gelungen
  • Gekonnte DualSense-Einbindung
CONTRA
  • Geschichte plätschert lange vor sich hin
  • Stealth-Abschnitte fallen spielerisch ab, Kampfsystem könnte noch variantenreicher sein
  • Uninspirierte und repetitive Nebenmissionen & -tätigkeiten

GhostWire Tokyo im Test: Eine gruselige übernatürliche Reise

„GhostWire: Tokyo“ hat viele Aspekte, die für es sprechen. Hierzu zählt in erster Linie das großartige Setting mit seinem Mix aus japanischer Mythologie, Geistergeschichten und der einzigartigen Stimmung der Megametropole. Hinzukommen die angenehm taktischen Kämpfe gegen große wie kleine Monster mit den spaßigen Magiekräften, die von der überaus gelungenen audiovisuellen Präsentation und der guten DualSense-Einbindung profitieren. Hieraus ergibt sich ein durchweg stimmiges Gesamtbild.

Getrübt wird dieses jedoch von einigen recht generischen Nebentätigkeiten sowie zu wenig spielerischer Abwechslung, die sich durch mehrere Bereiche des Action-Adventures zieht. Dem Titel geht ungefähr in der Mitte merklich die Luft aus, was verhindert, dass er sein ganzes Potential vollends ausschöpfen kann. Dennoch ist das Open-World-Spiel einen Blick wert, insbesondere dann, wenn ihr eine Schwäche für japanische Games und die Kultur sowie Mythologie des Inselstaats habt. Die Spielwelt wird euch in ihren Bann ziehen und so schnell nicht wieder loslassen.

Kommentare

MartinDrake

MartinDrake

21. März 2022 um 14:12 Uhr
ABWEHRBOLLWERK

ABWEHRBOLLWERK

21. März 2022 um 14:16 Uhr
TemerischerWolf

TemerischerWolf

21. März 2022 um 14:22 Uhr
darkbeater

darkbeater

21. März 2022 um 14:23 Uhr
RikuValentine

RikuValentine

21. März 2022 um 14:23 Uhr
darkbeater

darkbeater

21. März 2022 um 14:24 Uhr
TemerischerWolf

TemerischerWolf

21. März 2022 um 14:31 Uhr
Sasuchi Yame

Sasuchi Yame

21. März 2022 um 14:32 Uhr
ABWEHRBOLLWERK

ABWEHRBOLLWERK

21. März 2022 um 15:05 Uhr
DerBabbler

DerBabbler

21. März 2022 um 15:09 Uhr
Peter Enis

Peter Enis

21. März 2022 um 15:45 Uhr
Der falsche Diego

Der falsche Diego

21. März 2022 um 16:53 Uhr
xjohndoex86

xjohndoex86

21. März 2022 um 17:20 Uhr
RikuValentine

RikuValentine

21. März 2022 um 19:50 Uhr
RikuValentine

RikuValentine

21. März 2022 um 22:54 Uhr
AgentJamie

AgentJamie

22. März 2022 um 09:20 Uhr