Seit Monaten sorgt Ubisoft für eher mittelprächtige Schlagzeilen. Der europäische Games-Riese verschob in dieser Zeit mehrere Titel, etwa das kommende „Skull & Bones“, stellte wohl mindestens sieben Spiele ein und musste auch an der Börse einen empfindlichen Rückschlag verkraften. Das Unternehmen gerät somit immer mehr in Schieflage. Doch wie konnte es dazu kommen? Wir werfen einen Blick zurück.
Zu PS2- und PS3-Zeiten: Von allen geliebt
Ubisoft ist bereits seit den späten 1980ern im Geschäft, doch der wirklich große Erfolg stellte sich erst in den 2000ern ein. Mit Games, die auf der „Tom Clancy“-Lizenz basierten, etwa „Ghost Recon“, „Rainbow Six“ und „Splinter Cell“, konnte der Konzern diverse Erfolge feiern. Hinzukamen weitere beliebte Spiele wie die „Prince of Persia: The Sands of Time“-Trilogie und der Jump’n’Run-Hit „Rayman“. Zu dieser Zeit war Ubisoft gewissermaßen der Liebling der Spielebranche.
Ein Trend, der sich mit den ersten HD-Konsolen, also der PlayStation 3 und Xbox 360, fortsetzen sollte. Insbesondere die neue „Assassin’s Creed“-Marke und die „Far Cry“-Reihe sollten zu Stützpfeilern des Konzerns werden. In diesem Zeitraum machte auch erstmals der Begriff „Ubisoft-Formel“ die Runde, demzufolge die spielerische Struktur der Meuchelmörder-Abenteuer nach und nach auf andere Spieleserien übertragen wurden.
Mit Games wie „Assassin’s Creed II“, „Far Cry 3“ oder auch kleinen Spieleperlen wie „Child of Light“ sowie „Valiant Hearts: The Great War“ konnte Ubisoft weiter die Erfolgswelle reiten. Sowohl bei den Kritikern als auch Spielern und Spielerinnen kamen die Titel der in Frankreich ansässigen Firma sehr gut an, weshalb die erfolgreichsten Marken, allen voran „AC“, nicht nur zu Media-Franchises ausgebaut werden sollten, sondern auch neue Studios gegründet wurden.
Technische Probleme und Abnutzungserscheinungen
Während der PlayStation 4- und Xbox One-Ära wurden bekannte Reihen zusehends kritisiert, da sie sich nicht genug weiterentwickeln würden. Insbesondere die „Assassin’s Creed“-Games wurden diesbezüglich kritisiert, da sie hinsichtlich ihres Aufbaus stagnieren würden. Der Titel, der das Ruder herumreißen sollte, „Assassin’s Creed Unity“, hatte zum Launch mit technischen Problemen und einer Lootbox-Kontroverse zu kämpfen, die der Reihe noch lange anhaften sollten.
Darüber hinaus sollte sich die zuvor noch so erfolgreiche Ubisoft-Formel allmählich abnutzen – und das nicht nur im Falle der Assassinen-Saga, sondern auch bei anderen Games, auf die diese übertragen worden war. Trotz wachsender Kritik machte sich dies zunächst jedoch bei einigen Serien nicht unbedingt an den Verkaufszahlen bemerkbar. Insbesondere „Assassin’s Creed“ war weiterhin eine Bank und „Valhalla“ mauserte sich zum bis dato erfolgreichsten Teil der Marke.
Nun nähern wir uns langsam der Gegenwart an und die letzten Jahre seit Markteinführung der Current-Gen-Konsolen PlayStation 5 und Xbox Series X|S waren geprägt von verschiedensten Zwischenrufen. Zudem scheinen einige potentiell hochkarätige Games in der Entwicklungshölle vor sich hin zu schmoren, allen voran das eingangs bereits erwähnte „Skull & Bones“, „Beyond Good & Evil 2“ und wohl ebenso das Remake von „Prince of Persia: The Sands of Time“.
Skandale, Streiks und Wertverlust
Des Weiteren häuften sich in den vergangenen Jahren Meldungen rund um toxisches Verhalten innerhalb des Unternehmens inklusive sexueller Belästigung und Machtmissbrauch von Führungskräften. Die Vorwürfe hielten sich über einen langen Zeitraum und führten wohl auch dazu, dass einige bekannte kreative Köpfe Ubisoft während dieser Phase verließen. Hierzu zählten etwa „Rayman“-Schöpfer Michel Ancel sowie Ashraf Ismail („Assassin’s Creed Valhalla“).
Zuletzt litt unter den jüngsten Verschiebungen und der Bekanntgabe, die Entwicklung weiterer Games sei eingestellt worden, auch der Aktienwert des Unternehmens. Genauer sank der Wert des Konzerns im Januar 2023 auf den niedrigsten Stand seit 2016. Eine Entwicklung, die vor allem deshalb besorgniserregend ist, da die Videospielindustrie seit Jahren wächst. Dies befeuerte auch Übernahmegerüchte, vor allem aus Richtung von Tencent.
Im Rahmen der jüngsten Ereignisse meldete sich auch Ubisoft-CEO und Mitbegründer Yves Guillemot zu Wort und nahm die Belegschaft in die Pflicht. Es müssten nun alle geschlossen zusammenstehen und an einem Strang ziehen, um das Ruder wieder herumzureißen. Seine sehr deutliche Wortwahl – er sagte den Angestellten etwa, der Ball sei nun in ihrer Hälfte – sorgte jedoch auch für Kritik und führte letztendlich zu einem Streik am Standort Paris.
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Wie kann sich Ubisoft wieder aufrappeln?
Doch wie könnte Ubisoft ein Comeback gelingen? Eine entscheidende Rolle könnte hierbei dem für eine Veröffentlichung in diesem Jahr vorgesehenen Action-Adventure „Assassin’s Creed Mirage“ zukommen. Dieses soll die erfolgreiche Reihe zurück zu ihren Wurzeln führen: Geringerer Umfang, kompaktere Spielwelt, keine RPG-Elemente und mehr Stealth-Möglichkeiten. Vom Erfolg des Games dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil auch Ubisofts Zukunft abhängen.
Darüber hinaus könnte der Titel auch als Vorbild dafür dienen, welche Art von Videospielerfahrung wir in den kommenden Jahren vom Unternehmen erwarten dürfen: Fokussierte Games-Erfahrungen, wie jene aus den 2000ern, die den Konzern einstmals auf die große internationale Bühne gebracht hatten. Diesen Strategiewechsel bestätigte der Entwickler und Publisher bereits vor einigen Monaten und könnte genau das sein, was die Firma aktuell braucht.
Ebenfalls denkbar wäre die Veröffentlichung weiterer Live-Service-Games, um Ubisofts Kassen wieder zu füllen und so die Entwicklung weiterer Games zu sichern. „Skull & Bones“, von dem eine deutlich verbesserte, bisher noch ungezeigte Version existieren soll, könnte hier ebenfalls eine Schlüsselrolle zukommen. Womöglich bringt Ubisofts Auftritt auf der E3 2023 etwas Licht ins Dunkel und zeigt, wie der wankende europäische Riese wieder zurückkommen will.
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Kommentare
Van_Ray
27. Februar 2023 um 09:07 UhrIst halt wie bei Film-Franchises. Zu viele Fortsetzungen in zu kurzer Zeit ruinieren die Marke. AC ist ja kein schlechtes Spiel, wenn so ein Spiel alle fünf bis acht Jahre rauskommen würde hätte damit vermutlich niemand Probleme. Aber so ist es einfach zu viel. Und mit Far Cry gehts dann weiter.
Van_Ray
27. Februar 2023 um 09:10 UhrHorizon und GoT machen halt nicht das gleiche, weil beides frische Settings sind an die sich Ubisoft mangels Risiko niemals trauen würde. Das letzte Spiel, was so ein bisschen nac Rsiko im Ubisoft-Setting aussah war Fenyx und das ist dann entsprechend auch gut angekommen bei der Kritik. AC ist einfach das genau gleiche Gerüst mit den gleichen Mechaniken in anderen Settings. Und schon daher mit Horizon und GoT nicht vergleichbar. Die teilen sich vielleicht die Grundmechanik, wie 95% aller Open World-Games, das war es dann aber auch.
MeinFrosch
27. Februar 2023 um 10:30 UhrNaja mit GoT kam man Ubisoft nur zuvor. Das Setting hätte Problemlos auf das AC Universum übertragen können und viele haben sich das auch gewünscht. Im Grunde hättest es auch AC nennen können, wenn man noch ne Assasinenklinge und bisschen Animus Geplänkel eingebaut hätte.
Lediglich Horizon war erfrischend anders vom Setting und würde nur Schwer ins AC Universum passen.
Also bei aller Kritik, ich spiele seit der ersten Stunde R6S, aber dem Spiel mangelt es nicht an Support. Klar ist nicht alles rosig, aber ich Rechne es Ubi hoch an, dass man nicht einfach ein R6S2 raushaut, sondern stetig versucht es zu erneuern.
Die MT sind hier absolut nicht verpflichtend, aber gerade weil das Spiel schon so lange existiert, ist es selbstverständlich das auch mit einem Battlepass/ Season Pass zu unterstützen.
Ubi sitzt auf einigen guten IP, aber man hat viele Fallen gelassen oder tot entwickelt. Der Zwang immer Größer zu werden, hat viele Spieler irgendwann abgeschreckt. Manche Spieler haben abends nur 1-2 Stunden Zeit und wenn man dann AC Spielt, hat man einfach das Gefühl eigentlich nichts erreicht hat.
YoungAvenger
27. Februar 2023 um 12:09 Uhr@xjohndoex86:
Nee, sehe ich tatsächlich anders. GoT und Horizon habe ich bewusst in einer Reihe mit RDR2 genannt, da sich mit modernen ACs oberflächlich die Struktur teilen. Sucker Punch hat ja auch gesagt, dass RDR und BOTW die größte Inspiration waren und das merkt man zu jeder Zeit.
GoT hat so gute Ideen in Bezug auf die klassische Formel/die Immersion eingebracht: das minimalistische HUD, das sogar auf eine Minimap verzichtet, die Vögel (die Mutter) und der Wind (der Vater), die hervorragendend designte Map, bei der sich jede Location einzigartig anfühlt, ohne sie mit Icons zu bekleistern und die extreme erzählerische Einbindung der Insel.
Abseits der OW-Struktur: es ist nicht annähernd so aufgebläht wie moderne ACs und kommt ohne Grind/MTX und völlig unpassende Elemente aus. Die Kernelemente des Spiels sind viel besser: Erzählung mit magischen Momenten und vernünftige Sequenzen, vielfältiger Skilltree, Nebenquests von Charakteren, die dich vom Anfang bis zum Ende begleiten, tatsächlicher Stealth und ein robustes und befriedigendes Kampfsystem, das sich auf eine Waffe fokussiert, die sich tatsächlich wie eine Waffe anfühlt. Außerdem vernünftige Belohnungen.
Man sagt nicht ohne Grund: GoT ist das beste Assassin’s Creed. Das ist exakt das, was ich mir von modernen ACs gewünscht hätte. Bezüglich Originalität: dann könnte man auch sagen, dass AC2 GTA kopiert hat und die neuen Teile The Witcher 3.
Horizon bringt ein überraschend originelles Setting, Spektakel, Gegnervielfalt, eine gute Haupthandlung und sehr gute Lore mit, auch wenn GoT die OW-Probleme besser löst.
Dennoch viel Spaß, wenn du die neuen Teile genießt. Ich hoffe auf Mirage.
xjohndoex86
27. Februar 2023 um 12:38 Uhr@Van Ray
Warum sollten sie sich nicht daran trauen? Drogenkartell/Bolivien Setting in Wildlands – gab es so vorher nicht. Sparta Setting im XXL Format – gab es so vorher nicht. Valhalla genau das Gleiche. Und Dinoroboter gab es schon in Far Cry: Blood Dragon. Und wenn jemand unverbrauchte Settings geliefert hat dann ja wohl Ubisoft. Bei denen muss man auch nicht ganze Jahrzehnte warten bis mal was Neues kommt. Dafür muss man halt die Formel in Kauf nehmen.
@YoungAvenger
Also von der Klasse eines RDR2 ist GoT seeehr weit entfernt. Nein, das ist zu 100% Ubi Formel und strickt halt allerlei Gedöhns wie die Vögel, Füchse etc. drum herum die dem Spieler eigentlich nur noch mehr Zeit rauben. Der Skilltree und das Kampfsystem ist nur darauf aufgebaut bei unterschiedlichen Gegnertypen immer wieder die gleichen Manöver ablaufen zu lassen und die Lager entscheiden sich nur nach Größe… längst nicht so individuell gestaltet wie bei ’nem Far Cry bspw. und dann diese immer gleichen „Zufallsbegnungen“ alle 50 Meter… Nee, so sehr wie mich GoT am Anfang begeistert hat, so sehr war ich ab der 2. Spielhälfte immer mehr ernüchtert. Style over Substance at it’s worst.
Hoffe aber auch, dass Mirage wieder alte Fans begeistern kann. 😉
YoungAvenger
27. Februar 2023 um 15:03 UhrWow, hätte nicht gedacht, dass man das so unterschiedlich wahrnehmen kann. Mir ist es einfach viel zu groß geworden ist, aber so ist wohl für jeden was dabei.
Nee, an RDR2 reicht es nicht ran, dafür hat GoT mir als Detailliebhaber mal wieder gezeigt, wie spaßig ein Spiel sein kann, das zugunsten des Gameplays und Flows auf Trägheit, Animationen und überbordernde Glaubwürdigkeit legt.
Dass Ubisoft die AC-Reihe jetzt diversizifieren und unterscheidbar machen will, ist ja schon mal ein guter Ansatz. Werde mir Mirage ansehen.
An Fenyx hatte ich auch meinen Spaß.
YoungAvenger
27. Februar 2023 um 15:08 Uhr*Nee, an RDR2 reicht es nicht ran, dafür hat GoT mir als Detailliebhaber mal wieder gezeigt, wie spaßig ein Spiel sein kann, das zugunsten des Gameplays und Flows auf Trägheit, Animationen und überbordernde Glaubwürdigkeit verzichtet. So.