Geld regiert die Welt. Dieses einfache Sprichwort gilt im Jahr 2023 mehr denn je. Und damit meinen wir nicht nur das ganz alltägliche Leben, sondern auch das Geschäft mit Computer- und Videospielen. Nachdem vor gar nicht allzu langer Zeit die Preise für Games auf nahezu allen Plattformen erhöht wurden, drängen inzwischen immer ausgefeiltere und stärker auf das Gameplay Einfluss nehmende Mikrotransaktionssysteme in den Mittelpunkt.
Kein Wunder, schließlich machte EA Sports es mit seiner „FIFA“-Serie (heute „EA Sports FC 24“) vor. In dem im Mai 2023 veröffentlichten Geschäftsbericht zeigen sich die Ausmaße, die Mikrotransaktionen, Live-Services und andere Dienste bei der Finanzierung von Games inzwischen angenommen haben. In dem Fiskaljahr 2023 erwirtschaftete man einen Netto-Umsatz von 7,426 Milliarden US-Dollar. Davon fielen über 70 Prozent – nämlich satte 5,489 Milliarden US-Dollar – auf so genannte „Live-Services und andere“.
Allein 1,502 Milliarden US-Dollar gingen davon auf die Kappe der Mikrotransaktionen aus FIFA Ultimate Team. Man steigerte damit den Umsatz übrigens von einem Jahr auf das nächste um weit über eine Milliarde US-Dollar. Kein Wunder also, dass sich der Fußball-Weltverband FIFA und Electronic Arts ob dieser Zahlen in die Haare gerieten und dass FIFA-Präsident Gianni Infantino gerne ein größeres Stückchen vom Kuchen abhaben wollte. Die Folge: In diesem Jahr erschien mit „EA Sports FC 24“ erstmals ein Fußballspiel aus dem Hause EA Sports ganz ohne FIFA-Beteiligung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Das Geschäft mit den Mikrotransaktionen boomt. Sie sind für Videospielentwickler inzwischen ein weitaus lukrativeres Geschäft als der blanke Verkauf von Spielen und dem damit sehr oft verbundenen Support nach dem Erscheinen. Insofern: Ja, ich verstehe, dass Mikrotransaktionen in Video- und Computerspiele integriert werden. Was ich aber nicht akzeptieren kann und werde, sind gezielt auf Pay-To-Win ausgerichtete Mechanismen, die die Käufer der Spiele nicht nur zur Kasse bitten sondern auch noch denen ein Vorteil verschaffen, die bereit sind möglichst viel Geld in die Hand zu nehmen.
Was bedeutet Pay-to-Win?
Wörtlich übersetzt bedeutet Pay-to-Win so viel wie „zahlen, um zu gewinnen“. Und auch wenn diese Übersetzung holprig erscheint, so beschreibt sie doch sehr gut das Problem: Nutzer, die bereit sind, Geld zu investieren, verschaffen sich einen Vorteil. Einstmals waren derlei Mechanismen vor allem in kostenlosen Titel wie „Clash of Clans“ oder „Candy Crush“ beheimatet. Auch das 2022 veröffentlichte „Diablo Immortal“ stellte sich sehr schnell als weit weniger „FREE“ heraus, als viele zunächst vermuteten.
Pay-To-Win-Mechaniken hängen sehr oft mit einer enorm langsamen Spielprogression zusammen. Das bedeutet: Mit Boostern und anderen Hilfsmitteln beschleunigt man den Fortschritt und verschafft sich einen Vorteil. Eklatante Pay-To-Win-Elemente beinhalten etwa auch den Zukauf von Komfortfunktionen wie einem Inventar, Crafting-Optionen oder schlichtweg das Anbieten besonders seltener und mächtiger Ausrüstungsgegenstände oder Waffen hinter der Bezahlschranke. Das Argument „Man kann sich diese Funktionen aber auch alle frei erspielen“ zieht spätestens dann nicht mehr, wenn andere Online-Spieler am ersten Tag bereits mit vollen Stats durch die Gegend rennen.
Virtuelle Zweiklassengesellschaft
Ganz egal, ob EA Sports mit Ultimate Team in „EA Sports FC 24“ oder 2K Games mit der Karriere in „NBA 2K24“: Sobald Bezahloptionen direkten Einfluss auf die Progression bestimmter Spieloptionen nehmen, hört der Spaß einfach auf. In beiden Titeln entstehen Bereiche, die durch Mikrotransaktionen dominiert bzw. massiv beeinflusst werden.
Die Karriere in „NBA 2K24“ koppelt die Charakterprogression an die Premium-Währung VC. Diese könnt ihr euch zwar auch auf direktem Wege erspielen, erhaltet aber derart wenige der virtuellen Münzen, dass euch das Spiel gerade in der frühen Phase der Karriere förmlich mit der Nase auf den Bezahl-Button stößt. Hier wurde die Progression überdeutlich an die Bezahloptionen gekoppelt.
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Das heißt im Klartext: Wer hier nicht bezahlt, der muss grinden bis der Arzt kommt … oder bis man eben keine Lust mehr hat. Aber dadurch, dass man ja in der Regel bereits 60 bis 80 Euro in ein Spiel investiert hat, wirft man auch die Flinte nicht so schnell ins Korn. Also heißt es: Durchhalten! Sowohl in den Offline-Matches als auch auf dem Online-Court entsteht hier ein massives Ungleichgewicht, das einen Teil der Community einfach nur frustriert.
Visual Concepts und 2K Games hatten bereits in der Vergangenheit für die Implementierung von Mikrotransaktionen für Unmut gesorgt. Inzwischen baut man so aber eine Zweiklassengesellschaft auf. Für Nutzerinnen und Nutzer, die nicht bereit sind, die Kreditkarte zu zücken, werden bestimmte Teile der Spiele einfach unattraktiv. Ganz ähnlich sieht es natürlich auch bei „EA Sports FC 24“ von EA Sports und dessen Ultimate Team aus. Kann man diese Optionen ohne Echtgeldeinsatz spielen? Ja, klar. Aber einem vergeht auch sehr schnell die Lust daran.
Gibt es auch „okaye“ Mikrotransaktionen?
Grundsätzlich beeinflussen längst nicht alle Ingame-Käufe das Gameplay selbst, wohl aber das Gefühl mit dem man an ein Spiel dran geht. Denn auch, wenn es sich bei den integrierten Mikrotransaktionen lediglich um „Cosmetics“ wie etwa neue Outfits oder Waffen-Skins handelt, so entsteht so dennoch das bekannte FOMO – also „Fear of Missing out“, also die Angst, etwas zu verpassen. Diese beeinträchtigt unterschwellig das Spielerlebnis und wenn es nur so etwas wie virtuellen Neid auf andere Spieler erzeugt, die mit ihren coolen Cosmetics auftrumpfen und online in Erscheinung treten.
Video- und Computerspiele sind ein visuelles Medium. Wer schon einmal Titel wie „Diablo 4“ oder „Destiny 2“ länger gespielt hat, weiß dass irgendwann der Punkt kommt, an dem nicht mehr nur die Stats, sondern auch der Look immer wichtiger werden. Nicht spielentscheidend, aber zumindest bringt es ein unterschwelligen Faden Beigeschmack mit ins Erlebnis.
Mir ist klar, dass jetzt einige von euch abwinken und „Pfff, sollen die sich doch ihre Cosmetics an die Wand nageln“ sagen werden – für manche Spielertypen aber ist das Aussehen des eigenen Charakters aber dennoch wichtig, auch wenn er nichts am Gameplay ändert.
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Lange Rede, kurzer Sinn: Mikrotransaktionen in Vollpreisspielen sind grundsätzlich eine schwierige Angelegenheit. Aber spätestens bei Pay-To-Win-Mechaniken, die massiven Einfluss auf den Online-Betrieb nehmen, hört der Spaß auf.
Was das bedeutet? Als Pressevertreter muss ich mir an die eigene Nase fassen und bei der Berichterstattung noch stärkeren Fokus darauf legen. Soll heißen: Aufklärung und deutliche Abwertungen!
Für euch als Spielerinnen und Spieler gibt es hier nur eine Chance, um ein deutliches Zeichen zu setzen. Nämlich indem ihr Titel mit derartigen Mechanismen nicht kauft oder euch wenigstens nicht von den Bezahl-Optionen verlocken lasst. So lange sich die Firmen daran eine goldene Nase verdienen, werden auf Gewinnoptimierung geeichte Anzugträger auf die verstärkte Integration pochen. Ihr habt es in der Hand. Oder um es mit dem weisen Peter Lustig zu sagen: „Einfach abschalten“.
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Kommentare
Brok
06. November 2023 um 07:48 UhrKommt auf die Inhalte an. Klar, die Diskussion um den Namen Inhalt von Hauptspielen gibt es seit den ersten Addons. Dieses „ das hätte im Hauptspiel sein sollen“ ist dabei meist Unsinn. Ohne Addons gäbe es den Content einfach nicht.
Ähnlich ist es bei Live Service Games. Es gibt sicher Mechaniken die einfach als Glücksspiel behandelt werden sollten, da sie nichts anderes sind als der typische Glücksspiel Automat.
Aber ohne Mikrotransaktionen gäbe es viele gute Spiele nicht oder nur mit weit weniger Content
COUCHTROOPER
06. November 2023 um 09:56 UhrMit einer der Gründe, warum ich dem AAA / Mainstreammarkt den Rücken gekehrt habe. Bin sehr zufrieden mit der Indie-Szene. Da wo es noch ums Gaming geht.
Aktuelles und das wahrscheinlich beste Beispiel für mich: Spiele gerade Rimworld auf meinem PC. (gibs auch für PlayStation) Grafik pfui. Inhalt hui…. Nein. Mehr als hui. Krasse detailliert und komplexe Mechaniken.
Mein Brauerei Vorhaben ist fast abgeschlossen und die Hälfte meiner Kolonisten Alkoholiker, weil ich versäumt habe den Bierkonsum zu regulieren… ..kennt man ja
naughtydog
06. November 2023 um 10:56 UhrGanz vorne dabie sind die ganzen Redaktionen, die ihre Wertungen nicht mehr nach unten korrigieren, nachdem die MTX implementiert werden. Und die Spieler die den Mist finanzieren.
Magatama
06. November 2023 um 15:45 UhrDas „Problem“ ist: Gute Spiele brauchen keine Mikrotransaktionen, weil sie gut sind. Cyberpunk, Horizon, God of War oder Last of Us haben sich rentiert ohne diesen Müll. Aber – die Games mit Mikrotransaktionen rentieren sich MEHR. Weil die Kids schon so dermaßen konditioniert sind, dass es normal für sie ist, tonnenweise Knete für Schrott rüberzuschieben. Gut möglich, dass gute Spiele ohne MTAs künftig noch teurer werden, weil der Produktionswert steigt. Das ist dann der Preis dafür. Ich persönlich würde den auch zahlen und habe in meinem Leben noch keinen Cent für so nen unnötigen Scheiß hingeblättert.
Criore
06. November 2023 um 17:45 UhrDer kampf ist längst verloren dank den ungeduldigen id…en. In Lost ark war ich schon schockiert wie blöd man angemacht wurde sobald man erwähnt hat das spiel sei p2w… in pve ist es ja egal wenn die sich pushen = kein p2w. Früher war es schon p2w wenn egal wo 0,005% mehr von stat war o.O
Yaku
06. November 2023 um 17:51 UhrWenn ich zu dem Thema jetzt an Overwatch denke, wünsche ich mir skurriler weise die Lootboxen aus OW1 zurück.
Trotz Lootboxen konnte man sich viele Skins erspielen ohne zusätzliches Geld zu zahlen, Vielspieler wie ich einer war, hatte sogar fast alle.
Da man Lootboxen für die wöchentlichen Herausforderungen und Levelup bekommen hat, zusätzlich gab es noch die saisonale Belohnungen.
Jetzt da Overwatch „2“ kostenlos ist, bekommt man über den kostenlosen Battlepass wirklich nur sehr wenige Skins, die mit absicht super hässlich Designt wurden. Entweder man bezahlt für den Premium Battle Pass oder zahlt den direkten Preis (sehr teuer) für Skins die aufwändiger Designt wurden.
Klar, das Gameplay macht Immer noch Spaß, aber das Gefühl einer Belohnung wenn man Skins freigeschaltet hat, fehlt mir dann doch.
Der Patch auf „2.0“, mehr ist das nicht, diente nur dazu die Monetarisierung von Overwatch zu ändern. Das ist der einzige Grund, warum es Overwatch 2 überhaupt gibt.
Lustigerweise sind die Skins die man ab und zu über die Twitch Drops bekommen kann, ebenfalls aufwändiger Designt, als die die man über den kostenlosen Battlepass erspielen kann.
Ja es ist kostenlos, da kann man das noch verkraften, aber wie gesagt, eine gewisses Gefühl Belohnt zu werden, gehört mich bei einigen Arten von Spielen dazu, deswegen ich es nur 2-3 nach Release gespielt habe.
Aber bei Vollpreistitel akzeptiere ich keine Microtransaktionen.
Selbst bei Titel die kein Vollpreis achte ich darauf.
Als Beispiel nehme den Disney Mario Kart Klon.
Das hat zu Release 30€ und war trotzdem P2W, sowas geht überhaupt nicht, egal ob F2P oder nicht. Der Erfolg blieb zum Glück aus und sie mussten auf F2P umstellen. Ob es immer noch noch P2W weiß ich nicht, gehe aber stark von aus.