Wenn man über fernöstliche Open-World-Spiele spricht, dann kommen den meisten vermutlich „Ghost of Tsushima“ oder „Nioh 2“ in den Sinn. Team Ninja bringt am 22. März 2024 mit „Rise of the Ronin“ allerdings einen weiteren Mitbewerber auf der PlayStation 5 an den Start und setzt dabei nicht allein auf gewaltigen Umfang, sondern auch auf eine dynamische Geschichte und Koop-Optionen.
Dass es am Ende doch nicht für die Genre-Spitze reicht, hängt letztlich von der Überambitioniertheit des Projekts zusammen.
Zwillingsklingen und andere Probleme
„Rise of the Ronin“ ist ein massiv durch seine Geschichte und ihre Hintergründe getriebenes Spiel. Deshalb vermeiden wir an dieser Stelle Spoiler und gehen nicht zu sehr ins Detail.
Der Titel spielt in Japan, Mitte des neunzehnten Jahrhunderts – eine Zeit des Chaos und der Konflikte. Das Land ist zerrissen zwischen Tradition und den durch den Westen hineingebrachten Fortschritt. Ihr übernehmt dabei einen Teil der sogenannten Zwillingsklinge, einem Kriegerpaar des Kurosu-Clans und Teil der Verborgenen Schneide, das dazu ausgebildet wurde, sich gegen das Shogunat aufzulehnen.
Als 1853 die Schwarzen Schiffe der amerikanischen Marine unter Commodore Matthew Perrys Kommando eintrifft, willigt das Shogunat einem Freundschafts- und Friedensvertrag ein. Und an dieser Stelle kommt die Verborgene Schneide ins Spiel, die diese Entwicklung verhindern möchte.
Ihr wählt zu Beginn zwischen zwei Hauptcharakteren und bereits diese Entscheidung beeinflusst die weiteren Spielstunden. Im Spielverlauf wartet „Rise of the Ronin“ immer wieder mit Dialogoptionen und Entscheidungsmöglichkeiten auf. Diese verändern den Verlauf des Plots deutlich.
Beispielsweise könnt ihr später Bündnisse mit Nebencharakteren eingehen. Etwa treffen wir recht früh den Banditenanführer Gonzo. Soll er leben oder sterben? Und vor allem: Wollt ihr ihn als Kameraden an eurer Seite?
Durch das Stärken von Bindungen erhaltet ihr Bonusgegenstände, erlernt aber auch neue Kampfstile, die euch wieder zusätzliche Moves und Haltungen bescheren. Außerdem eignen sich bestimmte Stile besser oder auch schlechter gegen die von hochrangigen Gegnern.
Auch durch Bindungen zu Gruppierungen wie den Ronin oder dem Pro- bzw. dem Anti-Shogunat aktiviert ihr Extras wie Gesten oder Titel. Zugegeben, das Geflecht aus Gruppierungen und Personen ist gerade anfangs verwirrend und wir hätten uns auch gewünscht, dass bestimmte Entscheidungen noch mehr Einfluss gehabt hätten. Trotzdem motiviert die Spieltiefe, um auch weitere Nebenmissionen auszuprobieren.
Mehr Assassin’s Creed, weniger Dark Souls
„Rise of the Ronin“ greift Elemente aus unterschiedlichen Genres auf. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung wurde spekuliert, dass es auf der einen Seite Ideen aus Souls-Likes wie „Elden Ring“, auf der anderen Seite aber auch aus „Assassin’s Creed“ oder „Ghost of Tsushima“ aufgreift. Nach über 30 Stunden im Spiel stellt sich heraus, dass das Japan-Abenteuer deutlich näher an Ubisofts Kuttenschleichern denn an FromSoftwares Rollenspiel-Epen ist.
Denn ähnlich wie Ezio und Co. könnt ihr in „Rise of the Ronin“ entweder mit der Tür ins Haus fallen oder Widersacher flüsterleise ausschalten. Hohes Gras dient auch hier als Versteck und auch das Unterbrechen der Sichtlinie schützt euch vor dem nächsten Alarm. So könnt ihr Feinde unentdeckt mit einer Attacke von hinten oder von Dächern meucheln. Ausnahmen bilden hier hochstufige bzw. würdige Ziele, denen ihr mit einem solchen Angriff lediglich eine schwere Verletzung zufügt.
Kommt es doch zum offenen Konflikt, greift ihr auf ein vielfältiges Waffenarsenal zurück. So tragt ihr zwei Hauptwaffen mit euch herum – wie beispielsweise ein Katana, einen Speer oder ein Odachi. Hinzu kommen zwei Distanzwaffen wie etwa ein Gewehr, Revolver, Shuriken oder ein Bogen.
Während ihr Ninjasterne oder Pistolen mit einem Tastendruck aus der Hüfte abfeuert, müsst ihr mit Bögen und Gewehren anvisieren, könnt so aber auch auf große Distanz enormen Schaden anrichten.
Im Nahkampf kommt es auf ein waches Auge und gutes Timing an. Angriffe, Blocks und Ausweichbewegungen kosten Ausdauer. Ganz egal, ob Bosse oder kleinere Widersacher: Ihr müsst Angriffsmuster eurer Feinde erkennen und entsprechend kontern.
Nahaufnahmen sind herrlich blutig
Besonders wichtig sind allerdings Paraden, da ihr eure Widersacher so aus dem Gleichgewicht bringt und ein kurzes Zeitfenster für kritische Treffer öffnet. Diese präsentiert „Rise of the Ronin“ in herrlich blutigen Nahaufnahmen, in denen auch gerne mal die virtuellen Körperteile durch die Gegend fliegen.
Durch dieses direkte Feedback sind die Kämpfe enorm befriedigend – gerade, wenn man vielleicht unbeschadet aus einer Konfrontation hinaus kommt. Geht ihr gegen einen der würdigen Widersacher doch einmal drauf, dann wird dieser zu eurem Rivalen – ähnlich wie beim Nemesis-System aus „Mordors Schatten.
Nicht ganz auf Top-Niveau
Die offene Spielwelt von Team Ninjas Japan-Trip ist allerdings nicht ganz so ausgereift, wie bei der Konkurrenz und auch die Bewegungsfreiheit ist trotz Hilfsmitteln teils eingeschränkt.
Grundsätzlich ist es euch möglich, überall drauf zu klettern: An Ankerpunkten zieht ihr euch mit einem Enterhaken hoch und gelangt so auf die nächsthöhere Ebene. Geklettert werden darf allerdings nur an vorgegebenen Stellen, die auch niedrig genug für euren Hauptcharakter sind.
Wer also glaubt, in guter „Assassin’s Creed“-Manier an jedem Haus und jeder Mauer emporzukraxeln, liegt falsch und wird häufig gegen die Wand laufen. Diese Problematik bricht natürlich auch mit der Maxime des gut ausgebildeten Samurais.
Es wird ungestört gemordet
Auch fällt beim Open-World-Design auf, dass sich der Rest des Universums zu wenig um eure Taten schert. Ein Mord auf offener Straße? Das gehörte anscheinend ebenso zum Tagesgeschäft, wie das Plündern von Gebäuden. Dass der Schwarzhändler seine Waren nicht in irgendeiner dunklen Gasse, sondern direkt auf dem Marktplatz anbietet, passt ins Bild.
Abhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad reagieren die Wachen außerdem sehr spät auf Attentate und ignorieren euch sogar, wenn ihr einen Kollegen direkt vor ihrer Nase abfertigt. Hier hätten wir uns eine bessere Balance zwischen Anspruch und Einsteigerfreundlichkeit gewünscht.
Grundsätzlich aber gefällt uns die Struktur und der Aufbau der Spielwelt. Dank der Vielzahl an Haupt- und Nebenmissionen können wir problemlos 50 und mehr Stunden in „Rise of the Ronin“ versenken. Selbst im Test ertappten wir uns immer wieder dabei, wie wir beispielsweise in Städten die „öffentliche Ordnung wiederherstellten“ und so etwa neue Möglichkeiten und Extras freischalteten. Die bereits angesprochenen Beziehungen zu anderen Charakteren festigen wir obendrein in durch kleine Geschichten getrieben Nebenmissionen.
Zu Fuß, auf dem Pferd oder mit einem Segelgleiter
Die Navigation innerhalb der Spielwelt erfolgt wahlweise zu Fuß oder zu Pferd. Im ersten Teil des Spiels aktiviert ihr außerdem einen Segelgleiter, mit dem ihr von Bergen oder Türmen zurück auf den Boden gleiten könnt. Das Schnellreisesystem erweist sich zudem als vorbildlich. Zu diesem Zweck erobern wir Banner und können dann mit Hilfe der Karte zu diesen springen. Sollten wir einmal drauf gehen, erwachen wir auch an den brennenden Altären wieder zum Leben.
„Rise of the Ronin“ bestraft übrigens das virtuelle Ableben nicht. Seid ihr gar mit anderen Samurai unterwegs, könnt ihr dynamisch zwischen den Figuren wechseln oder auch gefallene Kameraden wiederbeleben.
Vollumfängliches Rollenspiel
Unter dem klaren Konzept ruht ein umfangreiches Charakter- und Ausrüstungssystem. Wie eingangs bereits erwähnt erhaltet ihr in „Rise of the Ronin“ unzählige Boni und Belohnungen für das Erledigen von Aufgaben oder der Zugehörigkeit zu Gruppierungen.
Durch das ständige Looten von Kisten, Beuteln oder geschlagenen Gegnern sammelt sich eine ganze Menge an Waffen und Extras im Inventar. Für unseren Geschmack übertreibt es Team Ninja bei der Masse an Beute. Als Samurai sollte man eigentlich kein herumlaufender Gemischtwarenhändler sein.
Zusätzlich gibt es natürlich auch ein umfangreiches Charaktersystem. Im Verlauf schaltet ihr für bestimmte Aktionen und Entwicklungen Fertigkeiten und GSK-Punkte und mit diesen in den Technik-Bäumen für Stärke, Geschicklichkeit, Charme und Intelligenz neue Talente frei.
Sehr schön: Neben klassischen Erweiterungen für Kampf und Crafting findet ihr hier auch Ergänzungen in der Redekunst, wodurch ihr neue Dialogoptionen aktiviert. Als guter Lügner etwa könnt ihr euch an entscheidenden Punkten durchmogeln.
Besagte Kampfstile in Verbindung mit dem üppigen Arsenal fügen sich ebenso nahtlos ein, überfordern jedoch in den ersten Stunden auch dezent. Aufgrund der verschiedenen Schwierigkeitsstufen und ihrer erweiterten Optionen könnt ihr aber selbst entscheiden, wie tief in die Materie ihr tatsächlich eintauchen wollt.
„Rise of the Ronin“ besitzt eine angenehme Lernkurve, die einen zwar für das Ausprobieren neuer Möglichkeiten belohnt, aber nicht bestraft, wenn man es eher „konservativ“ angeht.
Kommentare
RegM1
21. März 2024 um 13:58 UhrDie Vergleiche hier wieder mit Starfield.
Vergleicht es wenigstens mit Nioh/2, Sekiro und Ghost of Tsushima.
Im Endeffekt sollen alle spielen, woran sie Freude haben, manchen Leuten gefallen die „schlechteren“ Spiele besser, soll vorkommen.
OzeanSunny
21. März 2024 um 13:59 Uhr@ Shelley
Schade das es keine Switch Version gibt für dich.
Siehst ja eh keinen Unterschied von der Grafik her wie du es hier preisgegeben hast.
Shelley
21. März 2024 um 14:06 Uhr@sunny
Ja wirklich schade.
Aber dann würde dir das Spiel ja auch nicht mehr so gut gefallen, weils Multi wäre. Also warum solltest du dir eine switch Version für mich wünschen? ;D
WAR
21. März 2024 um 14:06 UhrSF sollte man mit keinem Spiel vergleichen was können die anderen für so ein Verbrechen am Gaming das ist nicht fair. ^^
RoyceRoyal
21. März 2024 um 15:15 Uhr@Renello:
Am Anfang fand ich noch seinen glatzköpfigen Kumpel am dümmsten, der war mir zu klischeehaft. Und man hätte auch was aus Deacon und Sarah machen können, das hat das Spiel auch für mich am Leben gehalten. Und dann haben sie es so versaut. Lustigerweise hat mir Glatzi am Ende am besten gefallen.
Und auch vom Gameplay…klar war das mit den Horden und Nestern ganz nice. Aber zum Ende hin, auch mit Blick auf die Platin…nervig und eintönig.
Aufgrund Bikerromantik, mit der ich nix am Hut habe, verstehe ich warum das Spiel Fans hat, aber nüchtern betrachtet war es nicht der große Wurf. Wäre es kein Sonyspiel hätte ich es auch nie gespielt.
Samael
21. März 2024 um 16:00 UhrFür mich nich überzeugend genug ums aktuell zu spielen, da gibts für mich andere Spiele denen ich den Vorrang gebe, Pile of Shame is eh groß genug
spider2000
21. März 2024 um 18:04 UhrMan muss für dieses Game keine 80 Euro ausgeben. Geht wie immer alles günstiger.
Ich habe für die Digitale Deluxe Edition nur 30 Euro bezahlt. 40 Euro eingetaucht mit PS Stars Punkte und dann noch mit sehr günstigen Guthaben.
Ansonsten freue ich mich schon drauf, besonders auf das kämpfen allgemein, was ja hier richtig Spaß machen soll.
luckY82
21. März 2024 um 23:13 UhrLäuft das Spiel mit 60fps oder gar mit VRR?
spider2000
22. März 2024 um 05:55 Uhr@luckY82
Gibt ein Grafik oder Raytracing Modus mit 30 fps und ein Performance Modus mit 60 fps.
Man sollte den Performance Modus spielen, da laut Technik Test der Grafik und Raytracing Modus (stark) ruckelt.
XiscoBerlin
22. März 2024 um 08:31 UhrWerde es morgen holen via TradeIn bei GameStop gegen das platinierte Avatar.
Dabei schade zu lesen, dass die Story und OW wohl nicht so klasse sein sollen.
Kommt aber erstmal auch nur auf den Pile of Shame, zunächst will ich noch Tekken die Platin fertig machen. Und heute gibt es ja auch wieder die neue Weekly in GT7, also gibt es ne Runde SimRig am Abend. 🙂 und der persische Prinz liegt auch noch hier… schon okay, dass die nächsten Monate nix groß für mich angekündigt ist, da wird der Pile dann wenigsten abgebaut. 😉