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Until Dawn im Test: Stimmungsvoller Teenie-Slasher oder unnötiger Remaster?

"Until Dawn" macht euch zum Regisseur eure eigenen Teenie-Slasher: Denn eure Spielweise verändert nicht nur den Plot, sondern entscheidet auch über Leben und Tod. Aber wie stimmig ist die Neuauflage des 2015 veröffentlichten interaktiven Horror-Films wirklich?

play3 Review: Until Dawn im Test: Stimmungsvoller Teenie-Slasher oder unnötiger Remaster?

7.0

Die Welle der Neuauflagen ebbt nicht ab: Noch bevor am 31. Oktober 2024 “Horizon: Zero Dawn Remastered” auf den Markt kommt, will euch “Until Dawn” das Fürchten lehren. Das Original erschien im August 2015 für die PlayStation 4 und wurde seiner Zeit von Supermassive Games entwickelt. Das britische Entwicklerstudio zeichnete in der Folge für die “Dark Pictures Anthology” verantwortlich und legt 2025 mit dem Science-Fiction-Horrorspiel “Directive 8020” nach.

Mit dem für die PlayStation 5 veröffentlichten Remaster hat Supermassive aber nichts am Hut. Hier war Ballistic Moon federführend. Über den Sinn und Unsinn der Neuauflage eines interaktiven Horrorfilms lässt sich vortrefflich streiten. Damals wie heute ist “Until Dawn” launiger Jumpscare-Grusel, der mit Entscheidungsfreiheiten und stimmiger Inszenierung beeindruckt.

Teenie-Horror im Schnee

“Until Dawn” führt euch in die verschneiten Berge in den Blackwood Pines. Zehn Freunde wollen hier ein lauschiges Wochenende verbringen, doch ein “Prank” geht mächtig nach hinten los und die Schwestern Hannah und Beth verschwinden im Wald. Was mit ihnen geschehen ist, wird erst im Verlauf der Geschichte aufgeklärt.

Ein Jahr später treffen sich die Verbliebenen erneut auf dem Anwesen. Doch wer hier denkt, dass die jungen Menschen den verschwundenen Schwestern gedenken wollen, irrt. Die hormongesteuerten Studenten wollen in erster Linie miteinander in die Kiste oder zicken sich gegenseitig an. “Until Dawn” erschafft so ein spannendes Beziehungsgeflecht, welches im späteren Verlauf mächtig auf die Probe gestellt wird. Wie es sich für einen Teenie-Slasher gehört, trachtet nämlich bald eine (übernatürliche) Bedrohung nach dem Leben der Kids.

Die zehn Freunde besitzen allesamt unterschiedliche Eigenschaften und Beziehungen zueinander. Diese beeinflusst ihr mithilfe der Dialogoptionen. Abhängig von den gewählten Antworten verändern sich die Wege und damit auch die Zwischensequenzen. Das Beziehungsgeflecht der Charaktere ist dabei enorm interessant, auch wenn die Figuren selbst genre-typisch eher eindimensional daher kommen.

Moderne Technik, aber …

Im Gegensatz zum Original basiert die “Until Dawn”-Neuauflage auf der zeitgenössischen Unreal Engine 5. Diese bringt die Schauplätze, vor allem aber auch die Charaktere ins Jahr 2024. Gerade die Spielwelt profitiert massiv von dieser technischen Frischzellenkur. Das Spiel wartet mit bekannten Stars wie Hayden Panettiere (bekannt aus „Gegen jede Regel“ oder „Heroes“) und Rami Malek (bekannt aus „Mr. Robot“) auf. Ihre bereits im Original aufwendig digitalisierten Gesichter wurden nun noch detaillierter umgesetzt. Das Spiel sieht so erstklassig aus und transportiert den Anspruch des Genres „interaktiver Film“ somit ausgezeichnet.  

Eine Schwachstelle merzt man auf diesem Wege aber nicht aus: nämlich die teils übertriebene und geradezu maskenhafte Mimik. Bereits im Prolog grinsen uns die Schwestern Hannah und Beth entgegen, als würden sie Promotion für den Horror-Streifen “Smile” machen. So hübsch die Spielwelt und Charaktere sind, so sehr driftet die Mimik doch immer wieder ins Absurde ab. Auch die Animationen in den Gameplay-Passagen wirken mitunter ein wenig steif. In den Filmszenen dagegen strotzt „Until Dawn“ dagegen vor Liebe zum Detail und zelebriert speziell die Bildschirmtode seiner Protagonisten mit fies-schönen Effekten.

Handfeste Neuerungen muss man suchen: Beispielsweise wurden die Positionen der Totem angepasst. Darüber hinaus ist das Prolog-Kapitel neu und es gibt auch neue Abschlussszenen sowie gelegentliche, kleinere Nebenschauplätze. Diese Veränderungen fügen sich glücklicherweise ausgezeichnet ein und bringen in die Charakterkonstellation ein besseres Gleichgewicht. Für “Until Dawn”-Kenner bieten diese Anpassungen allerdings die Chance auf kleinere und größere Aha-Momente. Eine vollkommen andere Spielerfahrung bieten diese Features aber nicht.

Auch der neue Soundtrack ist nicht mehr ganz auf dem Niveau auf dem Original aus der Feder von Jason Graves. Die neue Musik untermalt das Geschehen solide. Mehr aber auch nicht.

Interaktiver Film

“Until Dawn” setzte den Grundstein für die spätere “Dark Pictures Anthology”. Dieses Erbe merkt man dem Spiel auch deutlich an. Das Gameplay gibt sich betont minimalistisch und story-basiert: Im Spielverlauf wechselt ihr munter zwischen den Charakteren durch, erforscht die Kulisse und geht dabei auf die Suche nach Hinweisen.

Die Steuerung erweist sich dabei weiterhin als fummelig. Gerade in Innenräumen fällt die Navigation schwer und wir tummeln mitunter etwas unkoordiniert durch Räume und Korridore. Dieses Problem teilt sich “Until Dawn” gerade mit den frühen Ablegern der “Dark Pictures Anthology” und hätte im Zuge des Remasters ausgebügelt werden müssen. Sehr gut gefielen dagegen die „Nicht bewegen“-Momente, in denen wir den Controller ruhig halten müssen, um nicht entdeckt zu werden. Der dabei durch die Vibrationseffekte dargestellte Herzschlag der Charaktere sorgt währenddessen noch einmal für Spannung.

Aber keine Bange, echte Rätsel oder klassische Action-Einlagen gibt es nicht. Stattdessen geht es in erster Linie darum, dass ihr euch von einer Zwischensequenz zur nächsten hangelt. In diesen dröselt “Until Dawn” auch seine Action-Passagen auf. In Quick-Time-Events müsst ihr die angezeigten Tasten rechtzeitig drücken, damit eure Figuren etwa über Abgründe springen oder Attacken ausweichen. Ob ihr hier allerdings wirklich euer Bestes gebt, oder vielleicht auch mal mit den Möglichkeiten experimentiert, bleibt ganz euch überlassen.

News zu Until Dawn:



Der Reiz an “Until Dawn” liegt nämlich letztlich genau darin: Ihr bestimmt mit euren Aktionen, wer überlebt und mit den Dialogoptionen, wie sich die Figuren verhalten. Mal ehrlich, einige der Gestalten sind so nervig, dass man sie lieber früher als später über den Jordan schicken möchte. Doch gerade das Experimentieren mit den Möglichkeiten und die damit verbundene Suche nach versteckten Zwischensequenzen (und besonders blutigen Bildschirmtoden) machen letzten Endes den Reiz des Spiels aus.

7.0

Wertung und Fazit

PRO
  • Spannend erzählte Slasher-Geschichte
  • Erstklassige Inszenierung
  • Dialogoptionen und Entscheidungsfreiheiten
CONTRA
  • Groteske Gesichtsanimationen
  • Schwammige Steuerung
  • Soundtrack schlechter als im Original

Until Dawn im Test: Stimmungsvoller Teenie-Slasher oder unnötiger Remaster?

Ob es nun einen Remaster zu „Until Dawn“ unbedingt gebraucht hätte, sei an dieser Stelle dahingestellt. Fest steht hingegen, dass der interaktive Slasher-Film auch neun Jahre nach dem ersten Erscheinen noch jede Menge Spaß bereitet. Die Geschichte ist weiterhin spannend, die Präsentation ist erstklassig und die Entscheidungsmöglichkeiten sorgen für eine gute Dynamik.

Dass „Until Dawn“ spielerisch noch weniger zu bieten hat als die Titel der „Dark Pictures Anthology“, stört kaum. Hier geht es um das Erleben der Geschichte und das Experimentieren mit den Möglichkeiten und Charakterverstrickungen.

Was allerdings negativ auffällt, sind die teils hausgemachten Schwächen: Die Steuerung ist weiterhin extrem schwammig und der neue Soundtrack kommt nicht an die Qualitäten des Originals heran. Auch das Fehlen jedweder Mehrspieleroptionen fällt im Jahr 2024 stärker auf als noch 2015.

So ist „Until Dawn“ gewohnt spannend, blutig und unterhaltsam. Wer auf Horror-Games steht, kommt hier zweifellos auf seine Kosten. Für Kenner des Originals gibt es aber vergleichsweise wenige Argumente, die den Kaufpreis rechtfertigen.

Kommentare

SoulofLordran

SoulofLordran

07. Oktober 2024 um 17:53 Uhr
SeniorRicketts

SeniorRicketts

07. Oktober 2024 um 18:43 Uhr