An alle, die Retro-Games lieben, mit Pixelgrafik groß geworden sind und noch heute regelmäßig den Gamecube oder Super Nintendo anwerfen: Ich weiß, bei der Überschrift dieses Tests habt ihr verständnislos den Kopf geschüttelt. Aber ich kann es leider nicht ändern: Meine erste Konsole war 2016 eine PlayStation 2 und ich habe die gesamte Pixelspiel-Epoche verpasst.
Dementsprechend schwer fällt es mir mit all den heutigen Grafikperlen auf meinem Pile of Shame zu Videospiel-Highlights der Vergangenheit zu greifen, deren Optik sich davon stark abhebt.
Ich persönlich freue mich natürlich, wie der Rest der Welt, über Neuauflagen wie “Final Fantasy 7 Rebirth”. Dass das den Charme von damals bombastisch aufgearbeitet hat, müssen wir nicht diskutieren. Aber auch eher klassische Neuauflagen, wie „Dragon Quest 3 HD-2D Remake“, können mich begeistern. Das beweist dieser Test, denn ich durfte schon frühzeitig in das Remake hineinschauen.
Ein Held, eine Gefahr und seelenlose Mitstreiter
Die Story des japanischen Rollenspiels „Dragon Quest 3“ ist schnell zusammengefasst: Der Vater des Protagonisten, einst ein großer Held, ist losgezogen, um die Welt zu retten. Obwohl er Großes geleistet hat, ist das Werk noch nicht vollbracht: Schatten bedrohen das Land und nur sein Sohn kann alle retten. Also zieht ihr in der Haut des 16-jährigen Protagonisten los, sucht euch eine Crew, bekämpft Monster und rettet (hoffentlich) die Welt.
Obwohl es an jeder Ecke kleine Geschichten zu entdecken gilt, haben die Charaktere selbst kaum Tiefgang: Im Grunde ist so ziemlich jede Figur seelenlos und austauschbar. Das merkt ihr auch daran, dass ihr euch eure Freunde und Mitstreiter selbst zusammenstellen könnt. Es ist ein bisschen wie bei “Die Sims”: Ihr wählt die Klasse, den Look und die Stimme aus und wenn euch das irgendwann nicht mehr gefällt, könnt ihr den Job des Teammitglieds sogar wechseln. Emotionale Momente in der Gruppe sind dadurch nahezu unmöglich.
So schön kann Retro aussehen
1988 erschien “Dragon Quest 3: The Seeds of Salvation” in Japan. Ein Rollenspiel, das über die Jahre Remakes für verschiedene Systeme (sogar Android und iOS) erhielt, hier in Deutschland aber verhältnismäßig unbekannt ist. Dabei ist „Dragon Quest“ mit seinen gefühlt unendlichen Ablegern auf jeden Fall in seiner Nische sehr beliebt. Den blauen Slime in Form eines Tropfens kennt schließlich so ziemlich jeder Videospiel-Fan.
Die Neuauflage, „Dragon Quest 3 HD-2D Remake“, möchte das jetzt ändern und sorgt mit einem neuen Anstrich für Aufsehen.
„Octopath Traveler 2“ machte es erfolgreich vor und „Dragon Quest 3“ zieht nach: Der Retro-Look kann aufgehübscht und modernisiert werden, ohne den Charme von damals zu verlieren. Vor allem im Vergleich zum Original sieht die Welt von „Dragon Quest 3“ einfach malerisch aus.
Schaut man sich die Städte an, ist klar: Hier floss viel Herzblut in die Gestaltung der Häuser und Pflanzen, die an das Original erinnern und dank der aquarelligen Optik doch modern wirken. Je nachdem, wie ihr euch bewegt, verschwimmen die Grafiken an den Rändern, während alles im Blick scharf bleibt. In den Häusern sind Details klar erkennbar und es macht Spaß, in Töpfen, Fässern und Bücherregalen nach Items zu stöbern.
An dieser Stelle könnte man bemängeln, dass die Charaktere in den einzelnen Städten gerne mal der Copy-Paste-Manier folgen und sich auch der Aufbau hin und wieder ähnelt. Da sich hier nah am Original orientiert wurde, möchte ich das aber nicht zu schwer in die Waagschale legen.
Die Städte, Gebäude und Charaktermodelle haben sicherlich viel Zeit und Arbeit gekostet. Und es hat sich gelohnt! Leider scheint am Ende nicht mehr genug Motivation für ein Neudesign der Oberwelt geblieben zu sein, denn neben ein paar hübschen Tannenbäumen wirkt die Karte uninspiriert. Schade, hier hätte man noch deutlich mehr rausholen können.
Das Kampfsystem: Habt ihr Zeit mitgebracht?
Rundenbasierte Kämpfe vor 20 Jahren lassen sich kaum mit Strategiespielen und rundenbasierten Rollenspieltiteln der heutigen Zeit vergleichen. Alles ging damals ein bisschen gemächlicher vonstatten. Dank diverser Komfort-Funktionen, wie dem Erhöhen der Kampfgeschwindigkeit in „Dragon Quest 3 Remake“, ist das genretypische Grinden aber kein Problem.
Was allerdings sehr schade ist: Obwohl beim Bewegen in der Welt alle Charaktere dauerhaft zu sehen sind und auch beim Auswählen der Aktionen während des Kampfes jeder auf dem Bildschirm dargestellt wird, verschwindet das Team völlig während der Kampfszenen. Das ist unglaublich schade, denn so sind die Fights, die teilweise ordentlich Taktik erfordern, optisch todlangweilig.
In einer speziellen Monsterarena könnt ihr im 3er-Monster-Team gegen andere Bestien antreten. Diese Art Minispiel unterscheidet sich kaum von normalen Kämpfen. Der einzige Unterschied: Ihr tretet hier mit selbst gefangenen Monstern an, die während der Kampfanimationen zumindest mit kleinen Headshots am Bildschirmrand zu sehen sind.
Artikel zu „Dragon Quest 3 Remake“:
Bevor ihr in die Kämpfe zieht, empfiehlt sich das Aufstocken eures Inventars: Denn anders als in den meisten aktuellen Videospielen, hat jeder Charakter eine eigene Tasche, die ihr mit Tränken und Co. füllen solltet, sonst können die Figuren sie leider nicht verwenden.
Das erfordert etwas Vorplanung und Konzentration, denn das Navigieren durch die Untermenüs ist nicht unbedingt intuitiv. Nach ein paar Stunden gewöhnt ihr euch daran und habt ganz automatisch immer einen Blick auf das Inventar der einzelnen Mitstreiter, bevor es mit dem Abenteuer weitergeht.