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Review

Commandos Origins im Test: Retro-Strategie mit Inglourious-Basterds-Charme

Ein Taktik-Urgestein wagt den Neuanfang: Kalypso und Claymore Games erzählen in "Commandos: Origins" die Entstehungsgeschichte des legendären Weltkriegs-Sonderkommandos. Gelingt dem Strategie-Schleicher aber auch der Spagat zwischen Gaming-Vergangenheit und -Gegenwart?

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7.5

„Betrachten Sie es als erledigt“, raunzt Jack O’Hara und robbt aus seinem Versteck hervor. Sein Ziel: Ein unachtsamer Wachmann, der vor einer Lagerhalle eine Zigarette raucht. Auf leisen Sohlen kraucht der Green Beret immer näher, schnappt sich schließlich sein Opfer und stellt es mit dem Armeemesser kalt. Danach versteckt er den Körper in einem nahegelegenen Busch. Kein Wunder, schließlich agieren O’Hara und seine „Commandos“-Kameraden hinter feindlichen Linien.

Offene Konflikte führen schnell zum Missionsende, Spuren lösen den Alarm aus. „Commandos: Origins“ ist ein Neuanfang für die über 25 Jahre alte Strategie-Serie. Das deutsche Team von Claymore Game Studios bringt die Reihe mit Unterstützung von Kalypso Media nach etlichen Remastern und sogar einem grausigen Shooter-Ableger wieder zurück zu den Wurzeln und serviert am 9. April 2025 knackige Taktik-Kost für all jene, die neue bzw. alten Herausforderungen in der Echtzeitstrategie suchen.

Story und Handling

Eins sei an dieser Stelle deutlich gemacht: Auch wenn die sechs Commandos um Jack O’Hara im Mittelpunkt stehen und ihre eigene Persönlichkeit mitbringen, ist „Commandos: Origins“ kein Story-Spiel. Der Plot dreht sich um das Zusammenkommen der legendären Spezialeinheit und deren Missionen im Zweiten Weltkrieg.

Die Kampagne umfasst insgesamt 14 Missionen. Zu Beginn bestimmt ihr einen von drei Schwierigkeitsgraden. Darüber hinaus könnt ihr auch weitere Optionen wie beispielsweise die Benutzeroberfläche anpassen. Wer ein möglich puristisches Strategieerlebnis haben möchte, darf beispielsweise ohne Karte oder auch farbig hervorgehobene Gegner und Commandos loslegen.

In seinem Kern ist „Commandos: Origins“ ein squad-basierte Stealth-Strategiespiel. Das Programm gibt dabei stets die für die kommende Mission verfügbaren Commandos-Einheiten vor. Das klingt wie eine Einschränkung, erklärt sich aber durch die unterschiedlichen Fertigkeiten der Commandos und den daran angepassten Karten. Denn Equipment und Fertigkeiten der Spezialisten sind das große Alleinstellungsmerkmal der „Commandos“-Serie.

Bevor wir uns allerdings diesen widmen, werfen wir zunächst einen Blick auf die Controller-Steuerung. Denn klassischerweise spielt man „Commandos“ eigentlich mit Maus und Tastatur. Das Gamepad-Handling allerdings wurde massiv angepasst und spielt sich deutlich anders. Hier verwendet ihr nämlich keinen Cursor, um die Einheiten über das Feld zu ziehen, sondern steuert sie direkt. Das funktioniert überraschend gut und erlaubt eine insgesamt offensivere Herangehensweise.

Allerdings sei gesagt, dass das Wechseln der Ausrüstung und der Charaktere auch über Befehlsräder läuft, sodass ihr hier viel Klickarbeit leisten müsst. Trotzdem: Waren Strategiespieler und Controller einstmals noch ein Ausschlusskriterium, geht diese Kombination in „Commandos: Origins“ gut zusammen.

Koordination ist alles

Im Verlauf der Kampagne stoßen nach und nach alle sechs Teammitglieder zur Truppe dazu. Zu Beginn seid ihr zunächst lediglich mit dem Green Beret und dem Pionier unterwegs, später kommen unter anderem Marine, Spion und Scharfschütze dazu. Die sechs Spezialisten besitzen zunächst einmal Grundfertigkeiten: Beispielsweise können sie alle Feinde wahlweise tödlich oder nicht-tödlich ausschalten, sich in Büschen verstecken oder Leitern hochklettern. 

Wichtiger allerdings sind deren Spezialfertigkeiten und ihre individuelle Ausrüstung: Der Marine etwa hat ein Schlauchboot dabei und kann sich so und seine Kameraden an abgelegene Ufer schippern. Der Spion hantiert mit Giftspritze und Verkleidungen. Der Pionier dagegen durchtrennt Stacheldrahtbarrieren oder legt Bärenfallen.

Besonders das Kombinieren der Fertigkeiten erweist sich als entscheidend und ist ein essenzieller Teil des Lernprozesses. So lockt ihr mit der „Soundbox“ des Green Berets ahnungslose Soldaten an und lasst sie derart abgelenkt in die Bärenfalle des Pioniers rennen. Für koordinierte Angriffe im Singleplayer gibt es den Befehlsmodus. Diese pausiert das Spiel und erlaubt das Festlegen gemeinsamer, zeitgleicher Aktionen.

Wir haben diese etwa verwendet, um gezielt drei Wachen mit Scharfschützen und Marine auszuschalten. An dieser Stelle sei auch gesagt, dass es in „Commandos: Origins“ keine erweiterte Progression außerhalb der Missionen gibt. Das bedeutet: Es gibt kein Erfahrungssystem oder Ähnliches. Auch könnt ihr das Equipment nicht aufrüsten oder individualisieren. Das Spiel gibt sich hier betont klassisch und lebt von der Erfahrung innerhalb der Missionen.

Startschwierigkeiten

Und tatsächlich variiert das Spielerlebnis in „Commandos: Origins“ stark. Solltet ihr keine Serienveteranen sein, werdet ihr es zu Beginn sicherlich schwer haben, das Stealth-Gameplay richtig einzuschätzen. Das Tutorial mit Pionier und Green Beret fällt denkbar kurz aus, für alle weiteren Charaktere und Winkelzüge wartet das Spiel lediglich mit aufpoppenden Info-Boxen während des laufenden Gameplays auf. Wenn man das Alter der Serie bedenkt, hätte man seitens Claymore Games wesentlich mehr machen müssen, um Neueinsteiger stärker an die Hand zu nehmen.

Denn „Commandos: Origins“ ist – wie schon seine Vorgänger – knackig schwer. Auch wenn die Kommandos tödliche Schusswaffen dabeihaben, so ist aggressives Vorgehen nur selten eine probate Lösung. Stattdessen müsst ihr euch mit List und Tücke den Weg durch Verladebahnhöfe, Lager und Militärstationen bahnen. Die Karten sind dabei bisweilen gewaltig groß und bieten neben Primär- auch Sekundärziele wie beispielsweise das Finden wichtiger Dokumente.

Im Grunde ist das Taktik-Spiel ohnehin eher eine Verkettung von Umgebungspuzzles, die wir mithilfe der Fertigkeiten der Commandos und der Level-Architektur bewältigen müssen. Missionen fressen in der Regel zwischen 90 Minuten und drei bis vier Stunden – abhängig davon, wie leicht ihr euch tut oder ob ihr wirklich alle Aufgaben bewältigen möchtet.

Nicht immer konsequent

Das größte Problem von „Commandos: Origins“: Das Spiel ist nicht absolut nachvollziehbar. Wachleute ignorieren beispielsweise oftmals Umgebungseffekte wie einen umgestürzten Funkturm, entdecken aber zugleich frische Spuren im Schnee. Das Verschwinden von Kameraden bemerken sie zwar, allerdings mit einer deutlichen Pause.

Die stark vom gewählten Schwierigkeitsgrad abhängigen Sichtkegel wirken mitunter künstlich: Sind diese schraffiert, fallen die Commandos etwa nicht auf, solange sie kriechen oder erwecken nur geringe Aufmerksamkeit, wenn wir geschwind dran vorbei schlüpfen. „Commandos: Origins“ bietet somit etliche Schlupflöcher innerhalb der eigenen Gameplay-Logik, die es im ersten Schritt zu verstehen und im zweiten einzuschätzen gilt.

Durch die gerade zu Beginn noch sehr häufigen Neustarts stört eine Art „Stop & Go“ den Spielfluss. Und auch während viele Bildschirmtode unser Versäumen aufgrund von Flüchtigkeitsfehlern waren, so gibt es doch auch immer wieder Momente, in denen „Commandos: Origins“ absolute Nachvollziehbarkeit vermissen lässt.

7.5

Wertung und Fazit

PRO
  • Packender Taktik-Stealth-Mix - auch im Koop-Modus
  • Spielerische Freiheiten dank offener Maps und Commandos
  • Gewaltige Karten
CONTRA
  • Gelegentliche Programmfehler und Logikbrüche
  • Schwache Tutorials und Hilfen
  • Mitunter sehr frustig schwer

Commandos Origins im Test: Retro-Strategie mit Inglourious-Basterds-Charme

Wir haben im Test zweifellos mehrere Phasen durchgemacht: Die ersten fünf bis acht Stunden waren ungemein frustrierend. Die schwachen Tutorials, der insgesamt hohe Schwierigkeitsgrad und die vielen kleinen Gameplay-Ungenauigkeiten zehrten an unseren Nerven. Nur langsam arbeiteten wir uns durch die Kampagne. Aber irgendwann hat es „KLICK“ gemacht und dann hatten wir in „Commandos: Origins“ endlich das Ruder in der Hand. Dann begann der Spaß – auch wenn die Anzahl der Neustarts weiterhin hoch war.

„Commandos: Origins“ macht es Neueinsteigern schwer, entpuppt sich aber am Ende vom Tag als spannende und gleichermaßen intensive Spielerfahrung. Immer wieder ertappten wir uns dabei, wie wir mit den Möglichkeiten experimentierten und mit einem „Mal sehen, ob das klappt“ auf den Bildschirm blickten. Damals wie heute ist „Commandos“ kein Spiel für die breite Masse, wohl aber für ambitionierte Taktikfüchse, die sich auch von unzähligen Rückschlägen nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Kommentare

OzeanSunny

OzeanSunny

09. April 2025 um 00:22 Uhr
KaIibri-96

KaIibri-96

09. April 2025 um 00:25 Uhr
KaIibri-96

KaIibri-96

09. April 2025 um 07:31 Uhr
Elblanco36

Elblanco36

09. April 2025 um 09:09 Uhr
naughtydog

naughtydog

09. April 2025 um 10:14 Uhr
KaIibri-96

KaIibri-96

09. April 2025 um 17:41 Uhr
Separate86

Separate86

10. April 2025 um 19:17 Uhr